Full text: Sang und Spruch der Deutschen (Band 3)

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Der Mensch in Beziehung zu Hott. 
1(05* Herr, du bist grost! 
Johann Gabriel Seidl. 
poesiestunden von £. Fr. Lincke. Berlin 1904 S. 524. 
E)err, du bist groß!" — so ruf ich, wenn im Osten 
der Tag wie eine Feuerros' erblüht, 
wenn, um den Heiz des Lebens neu zu kosten, 
Natur und Mensch in junger Kraft erglüht, 
wo lässest du, o Herr, dich gütger sehen 
als in des Morgens großem Nuserstehen? 
2. „Herr, du bist groß!" — so ruf ich, wenn's von Wettern 
am Mittagshorizonte zuckend droht 
und du mit deines Blitzes Flammenlettern 
auf Wolkentafeln schreibst dein Machtgebot, 
wo wärst, o Herr, furchtbarer du zu schauen 
als im empörten Mittagswettergrauen? 
3. „Herr, du bist groß!" — so ruf ich, wenn im Westen 
der Tag sein Nuge sanft bewältigt schließt, 
wenn's in den Wäldern schallt von Liederfesten 
und süße Wehmut sich aufs Nll ergießt, 
wodurch, o Herr, stimmst du das herz uns milder 
als durch den Zauber deiner Abendbilder? 
4. „Herr, du bist groß!" — so ruf ich, wenn das Zchweigen 
der Mitternacht auf allen Landen liegt, 
die Lterne funkelnd auf und nieder steigen 
und sich der Mond aus Zilberwölkchen wiegt, 
wann winkst du, Herr, erhabner uns nach oben, 
als wenn dich stumm die Heilgen Nächte loben? 
5. Herr, du bist groß in jeglichem Erscheinen, 
in keinem größer, stets der Größte nur; 
du führst im Ztaunen, Lächeln, Graun und Weinen, 
in jeder Regung uns auf deine 5pur. 
Herr, du bist groß! G laß mich's laut verkünden 
und selbst mich groß in deiner Größ empfinden!
	        
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