Full text: Prosa für Lehrerseminare (Teil 3)

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Rücken und Grate sind so ausschließlich von diesen Gebilden überzogen, 
daß sie schon von fern als weiße Flecke und Streifen auf rotem, 
violettem und gelbem Grund erscheinen. — Das Farbenspiel in der 
Alpenregion wird noch dadurch wesentlich gehoben, daß es an breiten 
Flächen mit dunkeln Tönen nicht fehlt. Die Zahl der immergrünen s 
Gewächse ist dort verhältnismäßig groß, und insbesondere erhalten 
mehrere jener Arten, welche bestandbildend auftreten, ihr grünes 
Laub unter der lange dauernden winterlichen Schneedecke bis in die 
Vegetationsperiode des nächsten Jahres. Die Bestände aus Legföhren, 
die Gestrüppe der Alpenrosen, die Gruppen der schwarzfrüchtigen w 
Rauschbeere und die Teppiche aus der immergrünen Bärentraube 
bringen mit ihren dunkelgrünen Farben eine gewisse Ruhe in das bunte 
Gewirr. Auch die Teppiche der kriechenden Zwerg-Azalee^), welche sich 
im Herbste durch Ballung der Chlorophyllkörper in den Zellen der 
Blätter braungrün färben, mäßigen die Buntheit des Bildes in har- is 
manischer Weise. 
Das reizende Schauspiel der Verfärbung des sommergrünen 
Laubes in der alpinen Region erstreckt sich in der Regel nur auf 14 Tage. 
Bleibt dann das Hochgebirge noch kurze Zeit schneefrei, so lösen sich 
alle die roten, violetten und gelben Blätter von den Zweigen und 20 
Zweiglein. Was in den Blättern an verwendbaren Stoffen noch vor¬ 
handen war, ist während dieser kurzen Zeit in die überwinternden 
Stammbildungen gewandert; das abgefallene Laub wird braun und 
schwarz, und bald breitet sich eine dichte, bleibende Schneelage über das 
Hochgebirge aus. Die Kämme, Halden und Mulden, auf welchen kurz 25 
vorher noch feuriges Rot und helles Gelb zwischen den dunkeln Leg¬ 
föhren und Alpenrosen aufflammte, heben sich jetzt mit blendendem 
Weiß vom winterlichen Himmel ab. 
28. Kampf ums Dasein im Walde. 
Ferdinand Cohn. Die Pflanze. Breslau 1897*. Bd. II, S. 17 ff. 
Ein freudiger Anblick ist es, wenn im Sommer die Laubfülle des 
Waldes uns wie ein grünes Meer entgegenschwillt; noch schöner viel- 
ieicht ist der Wald im Herbst, wenn die niedriger stehende Sonne die 
Schalten an den Wipfeln kräftiger hervorhebt und die Baumgruppen 
w plastischer Vertiefung zeigt, wie sie das im Sommer von oben 5 
herabfallende Licht niemals wahrnehmbar zu machen vermag; die 
ganze Waldlandschaft schimmert dann in einer Mannigfaltigkeit warmer 
roter, gelber, brauner, grüner Töne, wie mit Goldfirnis überlasiert, 
') AzalSa procumbeu8.
	        
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