Full text: Für Präparandenanstalten (Teil 1)

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von Frankreichs Erde, sind im Frieden voneinander geschieden, sind einander 
noch froh geworden in dieser Welt. 
Drüben in Westfalen weint das eine Mutterherz und in der Mark das 
andre; sie haben beide vom Scheiden ihrer Kinder gehört, haben ihre letzten 
Worte vernommen und wissen: Sie sind nun droben beieinander, Leutnant5 
und Rekrut, und haben's beide recht gemacht! 
W. Weihnachtsfeier. 
Paul Heims. 
„Xordsee, Mordsee!“ Du hast deinen Namen redlich verdient. Auch 
an mir damals, als mein Schiff, meine gute Bark, in der Jammerbucht 10 
scheiterte und alles, was darauf war, ertrank, auch mein süß jung Ehe¬ 
gemahl und mein Büblein mit den andern zumal in der Brandung unter¬ 
ging; damals hättest du auch mich mitnehmen dürfen in die Tiefe, als du 
mir mein Glück mordetest, und es war unrecht von dir, daß du mich an den 
Strand warfst, der ich doch im Leben kein Glück mehr zu erwarten hatte. 15 
Aber der Mensch soll nicht murren. Und so will denn auch ich still sein. 
Ist manch Jahr seitdem vergangen und viel Wasser die Weser, die 
Ems und den Bhein hinab ins Nordmeer geflossen. Habe mich von ihm 
nicht wieder trennen können, wie man sich ungern trennt von dem Ort, an 
dem die Gräber der Unsrigen sind. Hatte für niemand mehr zu sorgen als 20 
für mich allein, und kein Mensch in der Welt kümmerte sich um mich, ob 
ich an Land oder auf See, ob ich tot oder lebendig war. Hatte von der 
Welt genug gesehen, und es zog mich nimmer hinaus in die Weite; denn 
was ich verloren hatte, konnte keine Ferne mehr wiedergeben. Aber nutzen 
mußte ich mein Leben ja doch, wenn nicht für mich, dann für andere. 25 
Ich dachte nach, wie ich’s recht anfangen könnte. Mein Herz sehnte sich 
hinaus aus all dem lauten Treiben; ich gehörte nicht mehr hinein in die 
Welt der Fröhlichen, der Mann, der nach Einsamkeit Heimweh hatte. 
Und wiederum: an Land still meine Scholle bebauen, das konnte und 
wollte ich nicht. War zu sehr Seemann gewesen mit Leib und Seele und 30 
konnte den Anblick der See nicht missen und mußte ihr Rauschen hören 
und die Seen des Xordmeers überkämmen sehen. 
Da las ich eines Tages, daß der Kapitän des Feuerschiffes ,,Nr. 16. 
Mövengrund“ gestorben sei und ein neuer gesucht werde. Und es fiel mir 
wie Schuppen von den Augen: dort bist du an deinem Platz. Allein und 35 
einsam, wo kein Getöse und kein Schwatzen der Welt in deine Stille hinein¬ 
gellt, ein Einsiedler auf dem Meer, doch dabei ein Warner in Gefahr, im 
Dienste der Menschheit und der Menschlichkeit, einer, auf dessen Treue und 
Zuverlässigkeit etwas ankommt, und einer auch, der die See, ihre Tücken 
und Xücken kennen muß, — und ich meldete mich kurz entschlossen. 40 
Es drängen sich nicht gar zu viele zu dem einsamen, eintönigen 
Dienst auf dem öden Meer. Es wurde mir nicht schwer, den Posten zu 
bekommen, und ich habe ihn nun seit vielen Jahren verwaltet.
	        
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