Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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war die Stabt, deren Dunkel durch keine Straßenlaternen unter¬ 
brochen wurde, hell erleuchtet. Unterdes hatte, wer das Turnier 
ausgeschrieben, die Aufgabe, die Parteiführer zu bestimmen; wurde 
er Führer einer Partei, so trug wenigstens die Schar, mit welcher 
er eintritt, seinen Schild, und war er nicht der Landesherr selbst, so 
hatte er vornehme und erprobte Ritter um diese Gunst zu bitten. 
Ls galt für eine Lhre, viele vornehme Herren unter seinem Schilde 
in das Turnier zu führen. 
Unterdes wurden draußen auf der staublosen Grasebene 
weite Schranken abgesteckt, Zelte und Buden errichtet und um die 
Gerüste sammelten sich wie Zugvögel große Schwärme des fahren¬ 
den Volkes, Spielleute, Narren, Gaukler, die rechtlosen Ainder der 
Landstraßen, mit ihren Weibern, sie, die unentbehrlichen Lustig¬ 
macher bei jedem Feste des Wittelalters. Am Worgen des großen 
Tages hörten die Rümpfenden zuerst die Wesse, dann wurde die 
Anmeldung der Namen und Wappen bewirkt und die Teilung in 
Scharen. Diese Vorbereitung war in späterer Zeit ein ernstes 
Geschäft, die Wappenschau wurde zu einer Prüfung der ritterlichen 
Turnierrechte; wem das Turnierrecht beanstandet wurde, der kam 
nicht in die Teilung. Die Groier oder Arier (Turnierrufer) schrien 
durch die Straßen: „Wappnet euch, gute Ritter, wappnet euch, 
tragt stolzen Wut und ziehet freudig aufs Feld, erweiset eure Ritter¬ 
kraft und dienet schönen grauen!" Die Haufen sammelten sich und 
zogen unter den Bannern ihrer Führer aus, die Posaunen bliesen 
eine Reisenote, in froher Erwartung hoben sich Rosse und Wänner. 
Vor den Zugängen der Schranken ordneten sich die Scharen, unter 
lauter Ariegsmusik zogen sie ein. Bevor der Turney anhob, ritten 
die Führer zuweilen erst allein in einer Tjost (Speereinzelkampf) 
gegeneinander; in diesem Falle war es Höflichkeit, dem Vorreitenden 
nur im Linzelkampf entgegenzutreten und ihn nicht zu drängen 
oder abzuschneiden. 
Das Turnier begann, indem die angreifende Schar einer Partei 
in starkem Anritt (puneiß) mit Lanzenstich auf die gegenüberstehende 
traf, welche den Stoß durch Gegenstoß zu parieren hatte. Taten 
die Angreifer ihre Pflicht, so drängten sie, nachdem ihre erste Reihe 
die Speere gebrochen, im Ansturm geschlossen durch die Schar der 
Gegner. Nach dem Durchritt aber mußten sie vor den Schranken 
schwenken und, die Gegner umreitend, ihre erste Stellung wieder¬ 
gewinnen. Und diese Schwenkung war der gefährliche Augenblick, 
wo die getroffene Schar der Gegner, wenn sie durch den Ansturm 
nicht völlig in Unordnung gebracht war, Gelegenheit erhielt, einen 
Teil der Angreifer abzuschneiden und gefangen zu nehmen. Hatten 
die Angreifer den Umritt vollendet, so wurden sie ihrerseits von 
dem zweiten Haufen der Gegner angerannt, womöglich durchbrochen
	        
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