Full text: Von Vulfila bis zum Ende des 19. Jahrhunderts (Hälfte 1, [Schülerband])

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wie „die jung Manschafft auß Zürch der Statt" 
gezeigt hat. Durch treue, fleißige Arbeit allein 
geschehen große, segensreiche Werke. 
.. Arbeit vnd fleis, das sind die flügel, 
So füren vber Stram vnd Hügel! 
Derhalben weichet, jr Poeten, 
Die war geschicht inn falsch gdicht nöten ^), 
85 Vnd laßt vns hören mit verlangen. 
Wie im Sommer newlich vergangen^) 
Von Zürch ein Gsellig Burgerschafft 
Mit gutem Glück vnd Manneskraft 
Gen Straßburg auf das Schiessen fuhr, 
»o Da sie all freüntlichkeit erfuhr. 
Als nun war außgebrochen^) weit 
Deren von Straßburg Willigkeit 
Zu pflantzung Nachbarlicher freundtschaft 
Inn jrem Ausschreiben gemeinhaft 
95 Hin vnd wider an Ständ vnd Statt 
Vnd alle Nachbamrn, die es hett, 
Zu eim Hauptschiessen schön mit lust. 
Zugleich mit Büchsen vnd Armbrust, 
Zu deren jedem war das best4 *) 
ioo Hundert gülden on sonst den Rest^): 
Da sind von hoch vnd njder Stand 
Erschinen vil auß Statt vnd Land. 
Deßhalb die Löblich lieblich Statt 
Zürich, die nach seim Nam stiften that 
io5 Turich, ein künig der Heldwallen6) 
Vnd Balgerhelden H, starck vor allen . ., 
Dieselbig wolt auch nicht erlösen^) 
Die glegenheyt, jr auffgestosen, 
iss Jr vralt freund vnd Nachbar leut 
Heimzusuchen inn freuden weit, 
Vnd solches auf ein sonder weis. 
Die sich reimpt zu der freuden weiß. 
Dann gleich wie sein zeit hat das leyd, 
"o Also hat sein zeit auch die freud. 
Vnd wie das leyd inn vnmüt steht, 
Also die freud auff kurtzweil geht. 
Derhalben sich ein ehrlich Gsellschaft 
Von vier vnd fünfftzig sammenthaft^), 
So all inn Leybfarb warn gekleidt, 145 
Zu zeigen jr einmütigkeit. 
Verglichen haben eynes stücks, 
Welches bedorft wol groses Glücks, 
Nemlich inn eim tag thun ein fart. 
Die man kaum inn vier tagen fahrt, 150 
Vnd inn dem folgen den Vorfaren, 
Die auch dergleychen Schifleüt waren. 
Dann was staht baß, dann wann die jugend 
Nachschlagt jrer Vorfaren tugend? . . 
Rüsten *0) derwegen zu ein Schiff, 175 
Welchs inn eim Tag gen Straßburg lief, 
Versahen es mit aller ghör") 
Damit recht zuerlangen ehr, 
Bestellten Schifleüt, so regirten 
Vnd die jung Manschafft wol anführten. i8v 
Nach dem nun alles war versehen, 
Ward zu der Abfahrt angesehen 
Im Brachmonat der zwenzigst tag^). 
Das man es mit dem Wagschiff wag; 
Kamen darauff fast vm zwo Vren iss 
Gleich gegen tag, das sie abführen, 
Trugen ein warmen hirß^) inns Schiff 
Inn eynem grosen Hafen") tif, 
Zu zeygen an, das, wie sie könten 
Den Hirs warm lifern an ferrn enden, ivo 
Also weren sie allzeit gwärtig. 
Zu dienen jren freunden färtig. 
All warens freudig, das mans wag, 
Vnd grüßten da den lieben tag 
Mit Trummen vnd Trommetenschall, 195 
Das es gab durch den See ein hall! 
„O heller Tag, O liebe Sonn!" 
Sprachen sie, „Nun dein Schein vns gönn, 
Zeig vns dein liechtes rotes Haupt, 
Des vns hast diese Nacht beraubt, 200 
Geh auf mit freuden vns zu heyl, 
Das wir vollbringen vnser theyl! 
Halt bey vns heut mit deinem schein, 
Laß dir kein Wolck hinderlich sein. 
Zünd15) durch dein liecht den weg vns heut 205 
Auf Straßburg, welchs noch ist sehr weit. 
1) nöten, zwängen. 2) vergangen, weggehen. 3) außgebrochen, bekannt geworden. 
4) das best, der höchste Gewinst. 5) on sonst den re st, die übrigen kleineren Gewinste ungerechnet. 
6) Turich, ein künig der Heldwallen, fabelhafter König der Helvetier. (Der Name Turich 
ist erst aus Zürich abgeleitet.) 7) Balgerhelden, Belgier. 8) erlösen, unterlassen. 9) sam- 
menthaft, zusammen. 10) rüsten, rüsteten. 11) ghör, Zubehör. 12) 20. Juni. 13) hirß, 
Hirsebrei. 14) Hafen,'Topf. 15) zünd, weise, zeige.
	        
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