Full text: [Band 4, [Schülerband]] (Band 4, [Schülerband])

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Kindern war verboten, aus dem Hause zu gehn; der Vater hatte keine 
Ruhe und ging aus. Die Schlacht begann; ich stieg auf den obersten 
Boden, wo ich zwar die Gegend zu sehen verhindert war, aber den Donner 
der Kanonen und das Massenfeuer des kleinen Gewehrs recht gut ver- 
5 nehmen konnte. Nach einigen Stunden sahen wir die ersten Zeichen der 
Schlacht an einer Reihe Wagen, aus welchen Verwundete in mancherlei 
traurigen Verstümmelungen und Gebärden sachte bei uns vorbeigefahren 
wurden, um in das zum Lazarett umgewandelte Liebfrauenkloster gebracht 
zu werden. Sogleich regte sich die Barmherzigkeit der Bürger. Bier, Wein, 
10 Brot, Geld ward denjenigen hingereicht, die noch etwas empfangen konnten. 
Als man aber einige Zeit darauf blessierte und gefangene Deutsche unter 
diesem Zug gewahr wurde, fand das Mitleid keine Grenze, und es schien, 
als wollte jeder sich von allem entblößen, was er nur Bewegliches besaß, 
um seinen bedrängten Landsleuten beizustehn. 
15 Diese Gefangenen waren jedoch Anzeichen einer für die Alliierten 
unglücklichen Schlacht. Mein Vater, in seiner Parteilichkeit ganz sicher, 
daß diese gewinnen würden, hatte die leidenschaftliche Verwegenheit, den 
gehofften Siegern entgegenzugehen, ohne zu bedenken, daß die geschlagene 
Partei erst über ihn wegfliehen müßte. Erst begab er sich in seinen Garten 
20 vor dem Friedberger Tore, wo er alles einsam und ruhig fand; dann 
wagte er sich auf die Bornheimer Heide, wo er aber bald verschiedene zer¬ 
streute Nachzügler und Troßknechte ansichtig ward, die sich den Spaß machten, 
nach den Grenzsteinen zu schießen, so daß dem neugierigen Wandrer das 
abprallende Blei um den Kopf sauste. Er hielt es deshalb doch für geratner 
25 zurückzugehn, und erfuhr bei einiger Nachfrage, was ihm schon der Schall 
des Feuerns hätte klar machen sollen, daß alles für die Franzosen gut stehe 
und an kein Weichen zu denken sei. Nach Hause gekommen, voll Unmut, 
geriet er beim Erblicken der verwundeten und gefangenen Landsleute ganz 
aus der gewöhnlichen Fassung. Auch er ließ den Vorbeiziehenden mancherlei 
30 Spende reichen; aber nur die Deutschen sollten sie erhalten, welches nicht 
immer möglich war, weil das Schicksal Freunde und Feinde zusammen 
aufgepackt hatte. 
Die Mutter und wir Kinder, die wir schon früher aus des Grafen 
Wort gebaut und deshalb einen ziemlich beruhigten Tag hingebracht hatten, 
35 waren höchlich erfreut und die Mutter doppelt getröstet, da sie des Morgens, 
als sie das Orakel ihres Schatzküstleins durch einen Nadelstich befragt, eine 
für die Gegenwart sowohl als für die Zukunft sehr tröstliche Antwort er¬ 
halten hatte. Wir wünschten unserm Vater gleichen Glauben und gleiche 
Gesinnung, wir schmeichelten ihm, was wir konnten, wir baten ihn, etwas 
40 Speise zu sich zu nehmen, die er den ganzen Tag entbehrt hatte; er ver¬ 
weigerte unsre Liebkosungen und jeden Genuß und begab sich auf sein 
Zimmer. Unsre Freude ward indessen nicht gestört; die Sache war ent¬ 
schieden; der Königsleutnant, der diesen Tag gegen seine Gewohnheit zu
	        
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