Full text: Lesebuch für die Oberklassen der Volksschulen in Elsaß-Lothringen

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den kleinen Nebentischen, jedem nach Gebühr, den Platz anzuweisen. 
Unterdes reichte der Erzkaͤmmerer, der Markgraf von Brandenburg, 
den beiden Majestäten das Handwasser, indem er sich von seinem 
Gefolge die goldene Gießkanne mit Becken und das köstliche Handtuch 
reichen ließ. Ihm folgte der Pfalzgraf vom Rhein und stellte als 
des Reiches Erztruchseß die erste goldene Schüssel auf des Kaisers 
Tafel. Das letzte Erzamt hatte der Kurfürst von Böhmen zu ver⸗ 
richten, des Reiches Mundschenk. Da der Kaiser selbst böhmischer 
König war, kredenzte an seiner Stelle sein Veiter, Herzog Wenzel 
von Luxemburg, den Wein in goldener Schale. Zum Schluß kamen 
noch die beiden Jägermeister, der Markgraf zu Meißen und der Graf 
zu Schwarzburg, mit zahllosen Jagdhunden und reichgeschmücktem 
Jagdgefolge auf den Markt geritten. Sie bliesen schmetternd ihre 
Hifthörner. Ein gewaltiges Wildschwein und ein starker Hirsch brachen 
vor und wurden von ihnen unter unermeßlichem Volksjubel erlegt 
und sofort verteilt. 
So tafelte damals auf dem Markte zu Metz das deutsche Reich, 
und alles war von Jubel und Begeisterung erfüllt. 
Fr. v. Löher. 
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28. Die Pfeiferbrüder von Rappoltsweiler. 
Wenn in alten Zeiten der Türmer von Hohrappoltstein am Tage 
Mariä Geburt nach dem Dusenbachtale hinunterblickte, sah er eine 
wunderliche Gesellschaft sich dem Schlosse nahen. In kurzem, farbigem 
Wams, den breiten Hut mit der Auerhahnfeder keck auf das lange 
Lockenhaar gedrückt, am schönverzierten Bandelier hier eine Trommel, 
dort eine Trompete, Fiedel, Laute, Mandoline, Quinterne, und 
was es sonst zum Blasen oder Streichen gab, schritten die lustigen 
Gesellen den Bergpfad hinan. Rasselnd ließ der Torwächter die 
Zugbrücke nieder. Im Schloßhofe trat in hermelinverbrämtem Mantel, 
eine Art Krone auf dem Hute, der stattlichste der Schar hervor und 
gab ein Zeichen. Darauf ertönten muntere Weisen durch die Hallen, 
und aus den Fenstern nickten Ritterfräulein und Knappen Beifall, wenn 
das Lied von Ludwig dem Bayern und Friedrich von Osterreich an— 
gestimmt wurde, das Lied von der deutschen Treue mit den Schluß⸗ 
worten: 
Siegel soll und Schrift verwehn, 
Deutsche Treu' nicht untergehn! 
Nun aber trat der Burgherr selbst auf den Söller und nahm 
die in begeistertem Zuruf dargebrachte Huldigung entgegen. Denn
	        
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