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Schattiert und matt ihr Frühlingskleid
Und schmückt sich rote. zum Tanz die Maid.
Wer in das junge Grün so schaut,
In dichtes Gras und dustig Kraut
Auf einsam stillem Waldespfad,
Dem ist's wie ein erquickend Bad,
Darein er tief die Blicke taucht
Und hierhin läßt und dorthin schweifen,
Als wollt' er, weil sein Herz sie braucht,
Die Farbe mit den Augen greifen.
Da findet er, was er nicht gesucht;
Ein kleines, blaues Wunder lugt
Verstohlen aus dem Grün, ganz nah! —
Ach! erstes Veilchen, bist du da ?('
Gegrüßt, gegrüßt, o Violett,
In deinem weichen Kräuterbett!
Ja, blühe, fröhlich Mürzenkind,
Und zürne nicht dem Dieb, dem Wind,
Der schmeichelnd, kosend dich umspielt
Und mit dem Duft, den er dir stiehlt,
Die holden Schwestern lockt hervor,
Ten ganzen, bunten Blumenflor!
Hornkörpfchen fängt den Reigen an
Mit Moschuskraut und Bärentraube,
Steinsame, blauer Gundermann
Und Purpurnessel dann, die taube,
Maiglöckchen, Himmelsschüsselein,
Maßlieb, Windröschen blühn, die weißen.
Erdrauch, Singrün, Gedenkeinein,
Goldnüh, und wie sie alle heißen
Die Erstling' in dem vollen Kranz,
Womit der Wald sich festlich, gürtet,
Eh' er die Spielleut' ruft zum Tairz
Und seine Gäste reich bewirtet.
Dazu erscheint dann flink und froh
Auch kleines Volk, das darf nicht fehlen;
Es kommt zu Haus und muß sich, so
Zu sagen, in das Leben stehlen.
Es hört das Wachsen,, mrd die Brut
Erwacht der flatterhaften Kerfen,
Die eingesargt bisher geruht,
Run ihre Hüllen von. sich werfen.
Es schlüpft aus welker Blätter Falten,
Es zappelt und es schwirrte sich los,
Zwängt sich hervor aus engen Spalten
Und gräbt sich aus der Erde Schoß.
Zu dem Gewimmel kleiner Wühler
In. Moos und Gras, an Baum und Blatt
Zählt alles, was am Kopfe Fühler
Und mindestens sechs Beine hat,
Mit Doppelflügeln, kurzen, langen,
Aus Netz und Schuppen, Haut. und. Horn-
Bewehrt mit Rüsseln oder Zangen,
Giftdrüse, Stachel oder Dorn.
Doch die unzählige. Gemeinde,
Die aufersteht und frißt-und stirbt,
Hat eine Schar beschwingter Feinde,
Die sie verfolgt, faßt und verdirbt.
Das sind leichtherzige Vaganten,'
Stets auf der Jagd, stets auf dem Fang,
Die lieben, klugen Allbekannten
Die kommen nun mit Sang und Klang.
Es geht ein Schmettern durch den Wald:
Frühling ! so heißt's vom Zweige hüben,
Und lustig kommt die Antwort bald :
Frühling! Frühling! so ruft's auch drüben.'
Der eine hat bei knappem Brot'
Sich ehrlich hungernd durchgeschlagen
Durch Winters Elend, Angst und' Nöt'
Und vor der Räuber scharfem Jagen.
Der andere hausiert' und strich
Wie ein Zigeuner durchs Gelände,
Wo sich ein Tifchchendeckedich
Von Gottes Gnaden für ihn fände.
Der dritte kommt weit übers Meer
Wohl nach ermüdend langem Fluge;
Sieht er den Bach von Eise leer,
Ist er zufrieden mit'dem Zuge.
Sie treffen sich von fern und nah,
Und einer frügt vergnügt den andern:
„Wie geht's? wie steht's? bist wieder da?
Wie ist bekommen dir das Wandern?"
Wie der erst rechts das Beinchen reckt
Ganz weit nach hinten und behüglich,
Den Flügel lang darüber streckt
Und dann auch links, spricht er: „Erträglich!^
Und dreht imd plustert sich und blickt
Keck wie ein Sänger von der Bühne,
Wetzt seinen'Schnabel, wippt und nickt
Und schmettert luftig eins ins Grüne.
Des Nadelwaldes roter Sohn
Am Kieferzapfen hängt kopsunter,
Der Nagelschmiede Schutzpatron,
Kreuzschnabel, ist am frühsten munter.
Er denkt, zuerst an junge Brut,
Sitzt auf-des Wipfels Kronentriebe
Und-schnurrt sein Liedlein schlecht-und gut
Der Auserwählten seiner Liebe.
Die Weife zirpt von Ast zu Ast,
Stieglitz und Hänfling kommt: und Zeisig,
Zaunkönig gömtt sich nimmer Rast-
Schlüpft, durch der Hecke Dornewreisig.
Buchfink zmn Doppelschlage stimmt,
Schwarzdrossel ruft-.ob. alle.schwiegen.