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Aufenthalt schon etwas länger ohne Beeinträchtigung der Gesundheit dauern. Aber
es kommen noch andere Luftarten, flüchtige Säuren von der Haut und mehrere
geradezu giftige Bestandteile des Tabakrauches hinzu und vor allem der Erzfeind
des Menschen, der Staub, welcher trockener Schmutz ist.
Jede Stubenluft enthält bekanntlich viel mehr Staub, als die reine Atmosphäre
in Feld und Wald, auf Bergeshöhen und über dem Meere. Und der Hausstaub
ist der Träger vieler Krankheitskeime, welche mit den Menschen aus den ver¬
schiedensten Lokalitäten in bewohnte Räume gelangen. So sind es namentlich die
Hände und Fußbekleidungen, welche den Staub teils feucht, teils trocken in die
Häuser bringen. Liegen Teppiche in denselben, so sammeln diese die Staubpartikel
in ihrem Gewebe, so daß die spezifisch schwereren, weniger schädlichen durchgesiebt,
die leichteren dagegen bei jedem neuen Schritt emporgewirbelt und gegen die Decke
und Tapete geschleudert werden, wo sie haften bleiben. Wie unübersehbar zahlreich
diese unter allen Umständen der Gesundheit nachteiligen, ganz unnötigen Bei¬
mengungen der einzuatmenden Luft sind, erkennt man am besten in einem verdunkelten
Zimmer, das nur durch eine kleine Öffnung im Fensterladen den Sonnenstrahlen
den Eintritt gestattet. Die Milliarden und aber Milliarden Sonnenstäubchen, welche
man dann in lebhafter Bewegung aufsteigen und absteigen sieht, und welche, so¬
lange man in dem Raume verweilt, in Mund und Nase massenhaft eindringen,
stammen nur zum Teil von den Gegenständen im Zimmer selbst her. Läßt man
die sie enthaltende Luft durch eine Röhre strömen, welche Schießbaumwolle enthält,
so kann man in dieser oder nach Auflösung derselben in dem dazu angewendeten
Äther eine Anzahl von Staubkörnchen organischen Ursprungs erkennen. Nicht allein
Kohle, Asche, Fasern, Haare (von Hunden, Katzen, Mäusen), Strohpartikel — welch
letztere von den Pferden aus den Ställen auf die Straße und von da durch die
Schuhe in die Zimmer gebracht werden und relativ unschädlich sind —, sondern
eine Menge von lebensfähigen Keimen, Sporen, Bazillen, Verbreiter von Krank¬
heiten in unberechneter Anzahl und von beispielloser Widerstandskraft sind es, die
das anhaltende Verweilen in geschlossenen, geheizten und viel besuchten Räumen
höchst gesundheitswidrig machen, weil sie nach ihrer Einatmung nicht wieder aus¬
geatmet werden können. Denn der merkwürdigen Entdeckung des englischen Physikers
Tyndall zufolge ist die von den Lungen stammende ausgeatmete Lust von allen
untersuchten Proben jeder Herkunft die einzige staubsteie Luft. Es kann also der
einmal eingeatmete Staub mit der Luft nicht sogleich entfernt werden. Er geht
zum großen Teil in das Taschentuch, wird zum großen Teil verschluckt, und ein
Teil bleibt zeitlebens in dem Lungengewebe haften.
Der sichere Beweis für die nachteilige Wirkung des Hausstaubes auf die
menschliche Gesundheit liegt in den mit Recht viel bewunderten Erfolgen der
antiseptischen Chirurgie. Denn dieselben beruhen wesentlich auf Fernhaltung
jener Gärungserreger, jener Entzündung begünstigenden, Krankheit verpflanzenden
organisierten Keime von Wunden, auf methodischer Reinigung der Luft, die den
Kranken umgibt. Töten kann man die Krankheitserreger im Staube der Luft nur
sehr schwer; widerstehen doch einige sogar längerem Sieden im Wasser, ohne