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Jnsektensammlungen erhöhen den Reiz und den Nutzen der Reise; nicht nur erhalten
die geographischen Grundbegriffe von Berg, Tal und Ebene, Gebirgszug, Berg¬
rücken und Wasserscheide, Quelle, Bach, Fluß und dergleichen erst ihren vollen Inhalt,
sondern auch die Verhältnisse, welche den Gegenstand der politischen Geographie
bilden, die verschiedene Dichtigkeit der Bevölkerung, der Unterschied der städtischen
und ländlichen Beschäftigungen, die Verschiedenheit der Bodenbeschaffenheit und der
Bodenkultur werden klar. Der Besuch gewerblicher und künstlerischer Werkhäuser
und Anlagen erweitert den Blick und die Einsicht in das Gebiet menschlicher Be¬
triebsamkeit; ganz besonders aber geben die Denkmale der Vorzeit zu geschichtlicher
Belehrung einen trefflichen Anlaß. So bleiben die Worte des alten Turnerliedes:
„Und uns allen wohlbekannt wird das deutsche Vaterland" nicht mehr bloße Worte;
daß ihm das deutsche Vaterland bekannt und lieb wird, ist der schönste und wert¬
vollste Gewinn des rüstigen Wanderers.
Dies führt uns auf den letzten Punkt, auf den Einfluß, welchen Fußreisen
auf die Bildung des Gemütes üben. Vor allem kommt nur der Fußreisende der
Natur und ihren Schönheiten recht nahe; nur er kann sich ihr völlig ungestört hin¬
geben. Aber auch den Menschen kommt er näher. Er kann sie ruhig beobachten
in ihrer Arbeit, in ihrer Not und in ihrem Genuß, und zu dem eingehenden Gespräche
mit den Begegnenden, welches das Gesehene erläutert und deutet, findet nur er
Gelegenheit. Und wie die glückliche, heitere Reisegesellschaft für die bittende Armut
Herz und Hand offen haben wird, so bietet sich auch reichlicher Anlaß, die Gefühle
der auf der Reise angeknüpften oder befestigten Freundschaft in wechselseitiger Aus¬
hilfe und in der Unterstützung schwächerer Kameraden zu bewähren. Das freudig
bewegte Gemüt aber findet seinen Ausdruck im Gesänge; ein frisches Lied läßt
augenblickliche Beschwerden vergessen, und unwillkürlich folgen die ermüdeten Füße
seinem munteren Takte.
Gar manche deutsche Männer, welche den Ruf rüstiger Fußwanderer erworben
haben, mahnen durch ihr Beispiel zur Nachahmung: vor allen Goethe, der in seinen
jungen Jahren vom Wandern ein so großer Freund war, daß er sich selbst den
Namen Wanderer beilegte, und dessen schönste Lieder die auf den frischen Wander¬
fahrten empfangenen Natureindrücke widerspiegeln; ferner Arndt, welcher in trüber
Zeit einen großen Teil Europas mit dem Stabe in der Hand durchzog; Schleier¬
macher, welcher mit Sokratischer Herrschaft über sich selbst einen oft kränklichen
Körper zu den Anstrengungen der Fußreise zu zwingen, an ihre Beschwerden zu
gewöhnen und so seinem Geiste den erfrischenden Einfluß dieser naturgemäßesten
Bewegung zu verschaffen wußte; endlich Seume, der rüstige „Spaziergänger nach
Syrakus", welcher die Vorzüge des Wanderns vor dem Fahren etwa mit folgenden
Worten kurz bezeichnet hat: „Wer geht, sieht von der Welt und vom Menschen¬
leben mehr, als wer fährt. Fahren zeigt Ohnmacht, Gehen Kraft. Der Fahrende
kann niemand mehr fest und rein ins Angesicht sehen, wie man soll. Der Gang
ist das Ehrenvollste für den selbständigen Mann, und alles würde besser gehen,
wenn man mehr ginge."
Heydtmann-Clausnitzer, PrLparanden» Lesebuch. HI.
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