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„Ach, Herr Zimmermann," schreit Gärtner zurück, „mir geht's schlecht!
meine Frau liegt zu Hause in schwerer Krankheit, die Schwester, die sie
pflegt, ist selbst krank geworden — jetzt ist sie mit der zehnjährigen
Hedwig ganz allein — und ich mußte fort zum Dienst; — Gott allein
kann helfen!"
Der Führer wendet sich ab und zieht die Pelzmütze tiefer über die
Augen. — „Ta ist Wolfsberg," sagt er nach einiger Zeit, als die roten
und weißen Lichter einer Station durch das Schneewirbeln vor ihnen
aufzuschimmern beginnen. Er pfeift, und gleich darauf poltert der Zug
unter das überhängende Dach des Perrons der Station.
Eilend umschreitet er hier seine Lokomotive, indem er ihre dicht
mit Schneeschlicker bedeckten Teile prüfend beleuchtet, von denen er oft
mit der Hand erst die kalte Decke wegstreichen muß, um sie sehen zu
können. Da ruft der Stationsheizer, der inzwischen unter der Maschine
mit dem Ausharken der Schlacken aus dem Roste der Feuerung be¬
schäftigt ist: „Herr Zimmermann, der Rost des Greif ist so dick heut
verschlackt, ich komme nicht durch damit in den vier Minuten Aufenthalt!"
Rasch springt der Führer, mit dickem Pelz und Mütze angethan, in die
Schürgrube hinab, packt die schwere Feuerkrücke mit, und sie in die wei߬
glühende Fenermasse des Rostes hineinstoßend, arbeitet der schwerbekleidete
Mann angestrengt und hastig, bis das Feuer wieder in vollkommen
regelrechtem Zustande ist. Nach wenig Minuten steigt er keuchend und
schweißtriefend aus der Grube. — „Abfahrt!" ruft der Zugführer. Es
läutet. Auf die Maschine klimmt der Mann, dessen Lungen noch von
der Anstrengung atmend fliegen, und dem der Schweiß unter der Pelz¬
mütze hervorrieselt.
Pfeifen! — und hinaus geht es wieder unaufhaltsam in die eises- -
kalte Schneesturmnacht, die mit fünfzehn Grad kalter, schneidender Zug¬
luft die schweißgetränkten Haare in wenig Sekunden in starrende Eis-
nadeln verwandelt.
Vorwärts! Vorwärts!
Der Sturm hat aufgefrischt. Von den großen Flächen der Damm¬
böschungen jagt er den staubartigen, feinen, kalten Schnee empor, der
auf der Bahn wie in wilden Wogen dahinjagt und, hoch über den
Schornstein hinwirbelnd, die stillen Männer mit immer neuen Fluten
von stechenden Eisnadeln überströmt oder sich an windstillen Orten heim¬
tückisch zu lockeren Windwehen zusammenlagcrt. Im voraneilenden Lichte
der Lokomotivlaternen prallen diese plötzlich, wie weiße, über die Bahn
liegende Mauern gespenstisch aus der Nacht empor und jagen dem be¬
herztesten Führer jedesmal, wenn er mit seiner Lokomotive in die weiche,
unheimliche Masse hineinstürmt, einen Schauder durch die Seele. Hoch
bäumen sie sich vor der wilddurchbrechenden Maschine auf, dieselbe mit
solchen Schneemassen überschüttend, daß die Männer auf derselben sich
am Geländer festhalten müssen, um nicht durch ihren wuchtigen Schlag
herabgeschleudert zu werden. —
„Es schneit stark!" sagen die Reisenden, die im Wagen einen Augen¬
blick erwachen und sich streckend ein Fenster, an das sie den Schnee
knisternd anschlagen hören, mit der Wagenquaste zu säubern suchen.