Full text: Für Seminarvorbereitungsanstalten und Fortbildungsschulen (Bd. 1 = Vorstufe, [Schülerband])

— 36 — 
nach dem Vorbilde Frankreichs an den meisten deutschen Höfen 
herrschte, hielt er sich völlig sern. Ihm waren das französische 
Wesen und die „Schelmfranzosen" überhaupt verhaßt. Auch die 
französische Mode war ihm zuwider, und er führte statt der Allonge- 
Perücke den bald allgemein üblichen Zopf ein. Außer der Jagd, 
die er leidenschaftlich liebte, teilte er mit seinen fürstlichen Zeit- 
genossen keine einzige ihrer kostspieligen Liebhabereien. Sofort bei 
seinem Regierungsantritt entließ er die Mehrzahl der Hofbeamten 
und führte auf seinen Schlössern in Berlin und Potsdam, das er 
zur zweiten Residenz machte, eine äußerst sparsame Hofhaltung 
ein. Die liebste Erholung des Königs bei Hofe war das Tabaks- 
kollegium. Bei einer Pfeife Tabak und einem Glase Bier brachte 
hier der König gern mit seinen Generalen, Ministern und anderen 
Gästen den Abend zu. Oft wurden dabei wichtige Staatsangelegen- 
heiten besprochen und entschieden. 
Wie der König im Hofhalt auf Einfachheit und Sparsamkeit 
drang, so flößte er dem ganzen Staatswesen den Geist nüchterner 
Sparsamkeit und strasser Zucht ein. Für die Landesverwaltung 
und das Finanzwesen richtete der König als oberste Staatsbehörde 
das Generaldirektorium ein; ihm unterstand in jeder Provinz 
eine Regierungsbehörde, die den Namen „Kriegs- und Domänen- 
kammer" hatte. Die Beamten, vom höchsten bis zum niedrigsten, 
wurden zu pünktlicher und fleißiger Erfüllung ihrer Dienstpflichten 
angehalten. Er selbst war unausgesetzt tätig und überwachte durch 
häufige Reisen die Tätigkeit der Behörden in allen Teilen des 
Staates. 
Durch die musterhafte Verwaltung hoben sich die Einnahmen 
des Staates aus den Domänen wie auch aus der Grund- 
steuer und der Accise, die, wie schon unter dem Großvater des 
Königs, die Haupteinnahmequellen des Staates bildeten. Friedrich 
Wilhelm zog auch den sonst steuerfreien Adel zu einer mäßigen 
besonderen Steuer heran. Als sich die adligen Herren, die kein 
Vorrecht preisgeben wollten, hierüber beklagten, erfolgte von dem 
Könige, der keinen Widerspruch vertrug, der stolze Bescheid: „Ich 
ftabiliere (begründe) die Souveränität und setze die Krone fest wie 
einen rocher (Fels) von bronze." Durch seine große Sparsamkeit 
und gute Wirtschast war es ihm möglich, die großen Aufwendungen 
für das Heer zu bestreiten, die Domänen durch Kauf zu vermehren
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.