thumbs: Deutsches Dichterbuch ([Teil 2]. Bd. 4, Hälfte 2, [Schülerbd.])

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Felix Dahn. 
Geboren 1834. 
^T^ahns Eltern waren Schauspieler in Hamburg. Sie zogen nach München, als 
ihr Sohn Felix noch im zartesten Alter stand. Nachdem dieser das Gymnasium 
durchgemacht hatte, widmete er sich der Rechtswissenschaft, trieb aber außerdem fleißig 
historische Studien. Er vertiefte sich in die alten germanischen Göttersagen, in die 
Heldenzeit der Völkerwanderung und des Mittelalters. 
Die Lust zu dichterischer Tätigkeit erwachte früh in ihm,- sie wurde mächtig 
angeregt durch den Verkehr mit den Mitgliedern des Münchener Dichterkreises 
(Geibel, Heyse, Scheffel), dem Dahn sich anschloß. Wie seine Freunde so empfand 
auch er schmerzlich die Schmach und Ohnmacht Deutschlands. Cr flüchtete sich in die 
Vergangenheit und sang von den Taten der Nibelungen und Gotenrecken. - 1870 
finden wir Dahn auf den Schlachtfeldern Frankreichs, als Johanniter die Ver¬ 
wundeten und Kranken pflegend. Zum Preise der deutschen Helden und des neu¬ 
erstandenen Reiches hat er manches Lied gesungen. Allgemein bekannt wurde sein 
Name durch den Roman „Ein Kampf um Rom", in dem er den Todeskampf der Ostgoten 
schildert. - Nach dem Kriege war Dahn zuerst Professor der Rechte in Königsbergs 
später kam er in gleicher Eigenschaft nach Breslau, wo er noch jetzt im Amt steht. 
1. Schlichte Weisen. 
i. 
Die arge Welt hat sich gestellt 
gen unsre Lieb' mit Wüten: 
mein Lieb, getrost! Wie grimm sie tost, 
— Gott wird uns doch behüten. 
Der rauhe Wind tut ungelind 
über alle Blumen fahren; 
wär' Gottes Land nicht ausgespannt, 
wie könnten sie sich wahren? 
Sie beugen sich bescheidentlich, 
kommt er vorbeigegangen: 
ist er vorbei, aufstehn sie frei 
und blühn mit neuem Prangen. 
So in der Welt hat's Gott bestellt: 
der Wind muß einmal wehen; 
doch wen Gott liebt und Gnade gibt, 
dem läßt er nichts geschehen. 
2. 
All' mein' Gedanken, mein Lerz und mein Sinn, 
da wo die Liebste ist, wandern sie hin: 
gehn ihres Weges trotz Mauer und Tor, 
da hält kein Riegel, kein Graben nicht vor, 
gehn wie die Vögelein hoch durch die Luft, 
brauchen kein' Brücken über Wasser und Kluft, 
finden das Städtlein und finden das Laus, 
finden ihr Fenster aus allen heraus 
und klopfen und rufen: „Mach' auf, laß uns ein, 
wir kommen vom Liebsten und grüß n dich fein."
	        
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