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weiter und weiter von uns weg, bis ungefähr zum 21. Dezember,
wo er 1470 Stunden weit rechts hinaus von uns entfernt ist; kehrt
alsdann eben so zurück und trifft am 21. März wieder richtig bei
dem Kirschbaume ein. Aber bis zu uns kommt er nie, weil wir so
weit von ihm weg wohnen hinaus gegen den Pol.
Aus dieser bildlichen Vorstellung ist nun zu erkennen, was zwar
der Leser schon weiß, daß er während des Kreislaufes der Erde nicht
immer in der nämlichen Richtung gegen die Sonne bleiben könne, aber
die Sternseher haben daraus berechnet, in welcher schiefen Linie die
Erde binnen Jahresfrist die Sonne umlaufen muß, damit diese Ver¬
änderungen und die 4 Jahreszeiten zu Stande kommen.
Der Frühling beginnt um den 21. März, wenn der rothe Faden
gerade auf den Kirschbaum herabreicht. Die Sonne steht gleich weit
von den Leiden Polen über der Erde. Tag und Nacht sind gleich.
Die Sonne scheint immer näher zu kommen und immer höher am Himmel
hinaufzusteigen, je mehr sich der rothe Faden nähert. Der Tag und
die Wärme nehmen zu, die Nacht und die Kälte nehmen ab.
Der Sommer beginnt um den 21. Juni, wenn der Faden am
weitesten von dem Kirschbaume enffernt und am nächsten Lei uns ist.
Alsdann steht die Sonne am höchsten über dem Haupte des Lesers,
und dieser Tag ist der längste. So wie sich der Faden wieder hinaus
windet, kommt die Sonne immer schiefer gegen uns zu stehen, und die
Tage werden kürzer.
Der Herbst beginnt am 23. September. Tag und Nacht sind
wieder gleich, weil die Sonne, wie der Faden zeigt, wieder über dem
Kirschbaume steht. Aber je weiter er alsdann jenseits hinausläuft gegen
den andern Pol, desto tiefer stellt sich gegen uns die Sonne. Die
Tage und die Wärme nehmen immer mehr ab, die Nächte und die
Kühle nehmen zu.
Der Winter beginnt, wenn am 21. Dezember der Faden am
weitesten jenseits von uns enffernt ist. Der Leser verschläft alsdann
die längste Nacht, und die Sonne steht so tief, daß sie zwischen 8 und
9 Uhr erst den Morgengruß bringt.
Endlich, wenn von diesem Tage an der Faden zurückkehrt, ver¬
längern sich auch die Tage wieder. Am 22. Februar kommt schon
zuweilen der Storch in seine alte Heimath zurück, und ungefähr am
21. März trifft der rothe Faden wieder bei dem Kirschbaume ein.
Dies hat noch nie gefehlt.
Hieraus ist zu gleicher Zeit zu erkennen, daß nie auf der ganzen
Erde die gleiche Jahreszeit herrscht. Denn zu gleicher Zeit und in
gleichem Maße, wie sich die Sonne von ihrem Scheitelpunkte enffernt,
oder wir von der Sonne, kommt sie höher über diejenigen zu stehen,
welche jenseits des Kirschbaumes gegen den andern Pol hinaus wohnen,
und umgekehrt eben so.
Wenn hier die letzten Blumen verwelken und das Laub von den
Bäumen fällt, sängt dort alles an zu grünen und zu blühen. Wenn