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Der Vogelsteller erschrak anfänglich, als wenn es hier nicht mit rechten Dingen
inginge; nachher aber, als er sich erholt hatte, konnte er kaum vor Lachen zu Atem
kommen, und als er sagte: „Ei Hansel, da hätte ich dich nicht gesucht, wie kommst
du in meine Schlinge?" da antwortete der Hansel: „?ar Compagnie“. Also brachte
^r Vogelsteller den Star seinem Herrn wieder und bekam ein gutes Fanggeld. Der «
barbier aber erwarb sich damit einen guten Zuspruch, denn jeder wollte den merk¬
würdigen Hansel sehen, und wer jetzt noch weit und breit in der Gegend will Ader
küssen, geht zum Barbier von Segringen.
Merke: So etwas passiert einem Staren selten. Aber schon mancher junge
Mensch, der auch lieber herumflankieren als daheimbleiben wollte, ist ebenfalls pur "
c°mpagnie in die Schlinge geraten und nimmer herausgekommen.
209. Lied eines Landmanns in der Fremde. (1787.)
Von G. v. Salis-Leervis.
Gedichte. Herausgegeben von A.
1. Traute Heimat meiner Lieben,
Sinn' ich still an dich zurück,
wird mir wohl; und dennoch trüben
Sehnsuchtstränen meinen Blick.
2. Stiller Weiler, grün umfangen
^on beschirmendem Gesträuch,
Kleine Hütte, voll Verlangen
Denk' ich immer noch an euch!
3. An die Fenster, die mit Reben
^inst mein Vater selbst umzog;
än den Birnbaum, der daneben
^uf das niedre Dach sich bog;
4. An die Stauden, wo ich Meisen
^ui Holunderkasten sing;
w, des stillen Weihers Schleusen,
wo ich Sonntags fischen ging.
5. Was mich dort als Kind erfreute,
^ommt mir wieder leibhaft vor;
Das bekannte Dorfgeläute
widerhallt in meinem Ohr.
Frey. Stuttgart 1885. S. 268.
6. Selbst des Nachts in meinen Träumen w
Schiff' ich auf der Heimat See,
Schüttle Apfel von den Bäumen,
Wäss're ihrer Wiesen Klee;
7. Lösch' aus ihres Brunnens Röhren
Meinen Durst am schwülen Tag, 20
Pflück' im Walde Heidelbeeren,
Wo ich einst im Schatten lag.
8. Wann erblick' ich selbst die Linde,
Auf den Kirchenplatz gepflanzt,
Wo, gekühlt im Abendwinde, «
Unsre frohe Jugend tanzt?
9. Wann des Kirchturms Giebelspitze,
Halb im Obstbaumwald versteckt,
Wo der Storch auf hohem Sitze
Friedlich seine Jungen heckt? 50
10. Traute Heimat meiner Väter,
Wird, bei deines Friedhofs Tür
Nur einst, früher oder später,
Auch ein Ruheplätzchen mir?
210. Das war für mich. »
Von 2). v. Schubert.
Erzählungen. Erlangen 18«. Bd. in, S. 882.
In manchen großen Städten, namentlich von Italien, doch auch hin und wieder
Deutschland, gibt es gesellschaftliche Verbindungen von guten frommen Leuten,
.ke sich's zum Geschäft machen, arme Notleidende und Kranke aufzusuchen und diesen 40
'hr Elend auf alle Weise zu lindern. Die Männer und Frauen, welche zu jenen
Verbindungen gehören, sind zum Teil Leute von sehr hohen, gebildeten Ständen; aber
ln, der Hülle ihrer Ordenskleidung sehen sie alle einander gleich, der alltägliche Stand
Uürd da vergessen über den festtäglicheren Beruf, der Leidenden sich zu erbarmen.
Einmal hat es in der großen, schönen Kaiserstadt Wien sich zugetragen, daß"
nn Bruder von solch einem barmherzigen Orden in das Zimmer eines vornehmen
Kaffeehauses hineintrat, in welchem mehrere ansehnliche, reiche Leute um einen Tisch
süßen. Man konnte es dem Manne in seiner Ordenstracht nicht ansehen, wer er
un Gewände das gewöhnlichen Lebens sei; daß er aber von wahrhaft hoher Bildung
W?r, bewies bald nachher sein Benehmen, und wenn er, ehe er diese Kutte anzog, 50
^te einige sagen, ein Offizier von hohem Range war, dann muß er in dem pünkt-