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Baudirektoren Grünberg und Behr besonders beschäftigt. Nach dem letzteren hat die
Behrenstraße ihren Namen erhalten.
Nach anderen Seiten hin war die Erweiterung der Stadt ein Verdienst und eine Wohl"
tat der Kurfürstin Sophie Charlotte. Sie besaß als Geschenk vom Kurfürsten den
5 großen Garten, von dem jetzt nur noch ein sehr kleiner Teil als wirklicher Garten besteht,
den Monbijou-Garten, und ringsumher viel Ackerfeld. Alles dies ließ ste zu verschiedenen
Feldereien verteilen und schenkte es an einzelne Berliner Bürger zu Baustellen und Gärten-
So wurde die Dorotheenstadt bedeutend vergrößert, die damalige Spandauer Vorstadt und
zuletzt auch die Stralauer Vorstadt geschaffen. Die Berliner priesen ihre großmütige Fürstin,
io die weise Wohltätigkeit und liebevolle Verwendung. Alles dies geschah bis zum Jahre 1700.
Dreizehn Jahre darauf, beim Tode König Friedrichs I., war infolge aller dieser Be"
günstigungen, auch infolge der Ausdehnung, die der Hofstaat und die Bureaux der Regierungen
unterdes gewonnen hatten, die Einwohnerzahl der Residenz von 20 000 bis auf 50 000
gestiegen.
»r Der Kurfürst selbst legte während seiner Regierung außer mehreren anderen den Grund"
stein zu zwei großartigen Gebäuden, zum Zeughause im Friedrichswerder an der Spree und
zur Parochialkirche in der Klosterstraße.
Das Zeughaus wurde erst im Jahre 1706 vollendet. An der vorderen Seite zwischen
den beiden mittleren Säulen über der Tür kann man noch heute das in Erz gegoffene Bild
*o Kurfürst Friedrichs III. sehen, — im Jahre 1706 war er freilich schon König Friedrich I*
Der Bau der Parochialkirche dauerte noch länger. Erst 1715 wurde der Turvr
vollendet. Die Mittel zu diesem Bau scheinen nicht sehr bedeutend gewesen zu sein, denn in
fernen Landen, sogar im Haag und in London, wurden Kollekten für diese Kirche veranstaltet-
Das Glockenspiel im Turm ist ein Geschenk König Friedrich Wilhelms I.
rr Zur Verschönerung Berlins trug auch sehr viel bei, daß der Kurfürst die in der Stadt
gelegenen Schleusen der Spree mit gehauenen Sandsteinen auslegen und die massive steinerne
Brücke bauen ließ, die wir noch heute die »Lange Brücke" nennen, obwohl sie eine der kürzesten
ist, die über die Spree führt: die Brücke, auf welcher der Große Kurfürst steht.
Den Ruhm aller Baumeister, die unter der Regierung Kurfürst Friedrichs Hl. so reiche
so licheund ehrenvolle Beschäftigung hatten, überstieg sehr bald der Name AndreasSchlüter,
der größte, kunstsinnigste und eifrigste Baumeister und Bildhauer dieser Zeit.
Er war in Hamburg 1662 geboren. Früh kam er mit seinem Vater nach Danzig, wo
er die ersten Handgriffe der Bildhauerkunst lernte. David Sagovius hieß sein Lehrmeister-
Als er herangewachsen war, arbeitete er zuerst in Warschau für den König von Polen. Da^
»5 auf, im Jahre 1694, wurde er von unserem Kurfürsten als Hofbildhauer angestellt.
Seine erste Arbeit waren die Kindergruppen und übrigen Verzierungen an der Decke
des Marmorsaales im Potsdamer Schlöffe. Alsdann schuf er die Flußgötter in der Havel
an der Langen Brücke bei Potsdam. Damals waren sie wirklich im Fluß; jetzt sind sie etwas
aufs trockene geraten und haben von Wind und Wetter viel gelitten.
<0 Bald wurden ihm auch Bauwerke aufgetragen: das Schloß der Kurfürstin Sophw
Charlotte in Lützenburg — dem Orte, den wir jetzt unter dem Namen »Charlottenburg"
kennen — und anderes. Endlich im Jahre 1699 wurde Schlüter Schloßbau-Direktor und
erhielt den Aufttag, in Berlin die vielen planlos nebeneinander aufgeführten Gebäude, die
damals zur kurfürstlichen Wohnung gehörten, zu einem ganzen, großen Werk zu verbinden,
«5 zu verändern und auszuführen. Die Aufgabe war ungemein schwer. Es fehlte alles an den
Gebäuden, was nach den Regeln der Kunst zum Schlöffe gehört: Ordnung, Zusammenhangs
Symmetrie, Pracht und Großartigkeit. Schlüter vollführte es, wie wir es jetzt sehen, itft
Bewunderung der späteren Zeit noch Jahrhunderte nach ihm.
Bevor er mit diesem Bau beschäftigt war, hatte er seine beiden größten Bildhauerwerke
50 teils begonnen, teils vollendet: die stehende Statue Friedrichs III., die in dem Guß, von
Johann Jakobi vollführt, im Zeughaus aufgestellt wurde, und die Reiterstatue Kurfürst
Friedrich Wilhelms des Großen.