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„Wer nur den lieben Gott laßt walten
Und hoffet auf ihn allezeit,
Den wird er wunderlich erhalten
In aller Not und Traurigkeit."
s Und der Gesang kam immer kräftiger aus Herzensgrund und schallte weithin in die
See hinaus, und das Meer rauschte darein wie eine Orgel. Da schwebte der Geist
Gottes auf den Wassern.
Die beiden Bauersleute aber und alle die anderen, die dabei waren, hatten sich
das Trauern aus der Seele herausgesungen, und es war ihnen selig zumute, als
lv wären sie daheim im teuren Vaterlande. Drum merke: wenn du wandern gehst,
so nimm deinen heiligen Glauben mit und deine Bibel und dein Gesangbuch. Denn
in diesen dreien liegen die echten Herrlichkeiten des deutschen Vaterlandes. Wer
aber ohne die auszieht, der kann wandern bis ans Ende der Welt und findet nimmer
eine Heimat.
tb 5. Der König und der Landmann.
Von G. Lekdl.
«ifolim. Wim 1849. S. 75.
1. Der Landmann lehnt in der Hütte allem,
Und blickt hinaus in den Mondenschein,
sv Und schaut empor zu des Königs Palast,
Er weiß nicht, welch ein Gefühl ihn faßt.
2. ..Ach, wär'ich ein König nur eine Nacht,
Wie wollt' ich schalten mit meiner Macht,
Wie ging' ich umher von Haus zu HauS
M Und teilte den Schlummernden Segen aus!
3. »Wie strahlte dann morgens so mancher
Blick
Die Sonne zum erstenmal hell zurück!
Wie staunten einander die Glücklichen an,
»v Und meinten: das hat ein Engel getan!" —
7. So schau'n sie si
Der König hinunter,
Dann schließen beide 1
Und träumen beide vr
4. Der König lehnt im Palast allein,
Und blickt hinaus in den Mondenschein,
Und schaut hinab auf des LandmannS HauS,
Und seufzt in das weite Schweigen hinaus:
5. »Ach, wär' ich ein Landmann nur eine
Nacht,
Wie gern entriet' ich der drückenden Macht!
Wie lehrt' ich mich selber die schwere Kunst,
Nicht irr zu gehen mit meiner Gunst!
6. »Wie wollt' ich ins eigene Herz mir sehn,
Um wieder eS offen mir selbst zu gestehn!
Was tausend Hände mir nicht vollbracht,
Das wollt' ich gewinnen meiner Nacht!" —
iend beim Sternenlauf,
r Landmann hinauf:
i müden Blick,
fremdem Glück.
rb 6. Die Moosrose.
Von f. Lrmnmacher.
Parabeln. Essen 1810. Bd. l, S. 16.
Der Engel, der die Blumen verpflegt und in stiller Nacht den Tau darauf¬
träufelt, schlummerte an einem Frühlingstage im Schatten eines Rosenstrauches,
tv Und als er erwachte, da sprach er mit freundlichem Antlitz: „Lieblichstes meiner
Kinder, ich danke dir für deinen erquickenden Wohlgeruch und für deinen kühlenden
Schatten. Könntest du dir noch etwas erbitten, wie gern würd' ich es dir gewähren!"
„So schmücke mich mit einem neuen Reize" — flehte darauf der Geist des
Rosenstrauches. —
tu Und der Blumenengel schmückte die Königin der Blumen mit einfachem Moose.
Lieblich stand sie da in bescheidenem Schmuck, die Moosrose, die schönste
ihres Geschlechtes. * ^ *
Holde Lina, laß den Flitterputz und das flimmernde Gestein, und folge dem
Winke der mütterlichen Natur.