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Die Birke.
Die Birke.
Dein Froste und dem Sturme, dem Blitze und selbst der Fäulnis
trotzend, im Sumpfmeer wie im dürren Sande gedeihend, bedarf die
zierliche, schlanke, zartgegliederte Birke nur einer Spanne Erde, ihre
Wurzeln hineinzusenken. Auf den norddeutschen Grasebenen steht
sie in zerstreuten Gruppen und Hainen entlang; weite, schimmernde
Waldstrecken füllt sie in den Tieftälern von Norwegen, und da selbst,
wo ewiger Schnee den Kiölengrat umhüllt, klammert sie sich an die
stiefmütterliche Scholle. Dort an der letzten Marke der Vegetation
beugt sie sich über das Gestein wie der trauernde Genius der Pflanzenwelt,
in der Hand die umgestürzte Fakel. Das grünende Leben sinkt wieder
in den Schoß zurück, dem es sich, schwer kämpfend, entrungen. Es
ist die Zwergbirke, deren Samen allein im Winter den Lemming und das
weiße Rebhuhn nährt. Vielleicht erstreckte sich ehedem das Reich
der Birke weiter hinauf als heute. Auf Island wenigstens stand vor
alters die hohe Betula alba im dichten Walde von dem Meeresufer bis
zum Fuße der Gebirge und warf so ein wärmendes Gewand um die da¬
mals fruchtbare Insel, von dem jetzt kaum die Fetzen in Busch und
Strauch zu sehen sind. Noch geht die Sage von Kohlenbrennern, die
hier ihre Meiler bauten, und das Grabscheit braucht oft nur einige Stiche
in die breitgelagerte Torfschicht zu tun, um auf Stämme von mehr als
einem halben Fuß Stärke zu stoßen.
Man darf die Birke einen weiblichen Charakter nennen. In leicht
geschwungener, oft anmutig geschlängelter Linie steigt der schlanke,
gerundete Stamm hinauf, nach oben schwach gebogen, doch mit ge¬
schmeidiger Härte der Gewalt der Elemente widerstrebend. Grau be¬
mooste Furchen zerreißen wohl unten die glatte, atlasartige Rinde, die
aus dem Blättergrün hervorleuchtet,
„als wäre dran aus heller Nacht
das Mondlicht blieben hangen.“
Kein mächtiger Ast tritt aus dem zähen Holz, vielmehr fällt rings¬
um ein zierliches Reisernetz in langen Flechten herab, das sich kaskaden¬
artig und immer lockerer aufbaut, bis die Krone wie in einem Feder¬
büschel endet. Da ist auch nicht Raum für des kleinsten Vogels Nest,
so luftig steht dies Zweigwerk da. Und nun dieser dämmernde Laub¬
schein darüber hin, dieser zarte, durchsichtige Schleier, der immer
schwebend und schwirrend die Glieder um wehte—ist es nicht, als schmiege
er sich um eine Waldnymphe ?
An der hangenden Birke ist es die gesenkte Gestalt und das rast¬
lose Gezitter der langgestielten Blätter, was die träumerische, selbst
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