174. Das Turnier zu Landshut.
120 Daß er ihm rollte von der Hand.
Geduldig er dies nicht ertrug:
Ergrimnit er Schlags auf Schläge
schlug.
Weil Erek ihm entriß das Gut,
Vergalt er's wie der Spieler tut,
125 Der mehr dafür sich nehmen will.
So wurde dort das Spiel gegeben
Mit manchem feuerhellen Schlage
Von früh an bis zum hohen Tage.
— — (Es folgte nun eine kurze
Pause.)
Doch als sie beide nun enlpfunden,
i30 Daß sie genug gerastet hatten,
Zusammen sie von neuem traten
Und griffen zu dem alten Spiel,
So wie ich euch nun sagen will:
Mit guter Kunst und neuer Kraft
i35 Und mit so gleicher Meisterschaft
Sie bei dem Spiele blieben
Und lange so es trieben,
Daß alle ringsum, ob sie waren
Unkundig ob im Kampf erfahren,
IM Nicht recht vermochten zu ent¬
scheiden,
Wer in dem Augenblick von beiden
Ein Auge mehr geworfen hätte.
-So spielten lang sie um die
Wette;
Wem der Gewinn durch Armes
Kraft
i45 Zufalle, war lang zweifelhaft.'
Bis daß Erek der junge Mann
In seinem Herzen dachte dran
Und sah auf Frau Enite schön,
So half ihm dies im Kampfe stehu.
i5o Dadurch erlangte Erek schier
In seinem Arm der Kräfte zwier.
Und auf des Gegners Helm verwegen
Schlug willig manchen Schlag sein
Degen.
Zwar warf Pdners auch gut genug
i55 Die Würfe ohne Zaubertrug.
Doch half's Erek, daß er dagegen
Ihn nicht ließ kommen aus den
Schlägen.
Das trieb er eine Weile
So heftig und in Eile,
i60 Daß doch Pdners verlor das Spiel
Und sieglos vor ihm niederfiel.-
Aus dem mhd. Epos „Erek" Hartmanns von der Aue ins Nhd. übertragen von S. O. Fistes.
Bild: „Turnier" von A. Lehmann.
II. Das Turnier zu Landshut.
Fm Fahr unsers Lseiles ^7$ sorgte Ls erzog Ludwig der Reiche von
Niederbayern, daß seinem Sohne, dem Lserzog Georg, ein treffliches
Ehegesponse zuteil werde. Ts fiel die Wahl auf die Li e d w i g, des Königs
Kasimir von p)olen Tochter, und da der Bischof Lseinrich von Regensburg
für den Georg warb, sagten der König, seine Gemahlin und die Lsedwig
mit Freuden ja. ward demnach die wichtige Angelegenheit auf beste
weise geordnet; der Lserzog Georg kam demnächst auf Besuch nach Decken,
waren Braut und Bräutigam ganz froh, sich einander angehören zu
dürfen, und wär' nichts im weg gelegen, hätten sie lieber heute als morgen
Lsochzeit gehalten. Das ging aber nicht an und so mußte die Lsochzeit bis
ins nächste Fahr verschoben werden.
Als es an der Zeit war, inachten sich der König von pdolen und die
Königin mit ihrer schönen Tochter auf, begleiteten sie bis p)osen und über-
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