VIII. Versuche zu Deutschlands
Die Eröffnung der Ludwigsbahn. (7. Dezember 1835.)
Um sieben Uhr morgens machte ich mich auf den Weg. Wagen
rasselten an mir vorbei; Reiter bahnten sich mühsam einen Weg durch die
langsam dahinflutende Menge. Ganz Nürnberg war auf den Beinen;-
immer neue Massen strömten aus dem Spittlertor dem Plerrer zu.
Scharen von Landleuten waren schon gestern, am Sonntag, eingetroffen.
Um den verhüllten Denkstein und um den umzäunten Bahnhofplatz standen
sie schon ein paar Stunden lang trotz der Winterkälte Kopf an Kopf.
Zwei unendliche Reihen dehnten sich wie ein lebendiger Zaun den Bahn¬
damm entlang nach Fürth zu aus. Schritt für Schritt schob ich mich vor¬
wärts, bis ich zum Bahnhof gelangte. „Der Bahnkörper darf nicht betreten
werden!" stand auf den Warnungstafeln. Ein paar Jungen drängten aus der
summenden Menschenmauer nach vorne gegen die Schienen. „Zurück da!"
riefen die Schutzleute. „Frau, haben Sie nicht gehört, daß Kinder an der
Hand zu führen sind? — Sonst gibt's ein Unglück! — Sie, Herr, weg mit
dem Hund!" Ich blickte hinüber nach dem Bahndamm, wo die Schienen
anfangen. Da stand auf dem Geleise der schwarze, eiserne Dampfwagen,
der Adler, den man bei Stephenson in England gekauft hatte. Der
Lokomotivführer Wilson, ein Engländer, legte bedächtig eine Schaufel
voll Kohlen nach der andern auf den Herd, bis der hohe Schlot mächtige
Rauch- und Dampfwolken ausstieß.
Um acht Uhr kamen die Direktoren und die Aktionäre, der Regierungs¬
präsident als Vertreter des Königs Ludwig und die anderen Festgäste.
Sie nahmen Platz auf der Tribüne, die mit Kränzen, Blumen und blau¬
weißen Fahnen geschmückt war. Langsam vergeht wieder eine halbe
Stunde. Jetzt bläst die Regimentsmusik, — dann allgemeine Stille, —