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§. 126.
Die Buchdruckerkunst.
1) Nützlicher und weit wichtiger ist die Erfindung der Buch-
druckerkunst. Früher konnte man Bücher nur durch Abschreiben
erhalten, was im Mittelalter meist durch Mönche geschah und
äußerst kostspielig war. Eine einzige Bibel kam auf 300 bis
400 Goldgulden zu stehen.
2) Vorbereitet wurde jene unschätzbare Erfindung durch den
Holzschnitt, indem man schon um's Jahr 1300 Heiligenbilder
mit ihren Namen, auch Spielkarten auf Holz einschnitt, mit Farbe
überzog und auf Papier abdruckte. Deun auch das Leinen-
oder Lumpenpapier (früher schrieb man auf Pergament, auf
Wachstafeln, Baumwollenpapier) ist eine Erfindung' der Deut¬
schen (bekannt um 1318). Schon Lorenz Koster zu Haarlem
hatte seit 1420 ganze Seiten auf Holzplatten eingeschnitten
und durch Abdruck vervielfältigt.
3) Da machte ein wackerer Bürger von Mainz, Johann
Gen sc fleisch aus deN Hause zum guten Berge, daher
gewöhnlich Johann Gutenberg genannt, geboren gegen das
1436 Ende des 14. Jahrhunderts, um's Jahr 1436 in Straßb urg
Buchdrucker-den Versuch, die Schriftzeichen einzeln in buchenen Stäbchen
SutenB (ba^er mo^ ber Buchstabe) oder in Metall einzuschneiden, fie
so an einander zu binden und abzudrucken, daß sie dann wieder
zu einer Zusammensetzung benutzt werden konnten.
4) Gutenberg ging darauf nach seiner Vaterstadt Mainz
zurück, verband sich dort mit dem vermöglichen aber habsüchtigen
Mainzer Johann Fust und mit dem Schönschreiber Peter
Schöffer von Gernsheim, um mit Hilfe Beider seine Er-
findung weiter zu betreiben und die erste Druckerei zu gründen.
Schöffer erfand ein zum Guß sogenannter beweglicher
Lettern taugliches Metallgemisch und eine haltbare Buchdrucker-
schwärze. Bald wurde die anfangs geheim gehaltene Kunst weiter
verbreitet und immer mehr vervollkommnet. Das älteste größere
mit beweglichen Lettern gedruckte Buch, das aus der Guten-
bergischen Werkstätte in Mainz hervorging, ist eine lateinische
Bibel vom Jahre 1456.
5) Diese wichtige Erfindung, deren Werth der Kaiser da-
durch ehrte, daß er den Buchdruckern Freiheiten, wie sie der
Adel und die Gelehrten besaßen, verlieh, hatte für die Wissenschaft
und das gesammte geistige Leben der Völker die segensreichsten
Folgen. Jetzt erst wurde es möglich, das Fortschreiten der Bil-
dung unter allen Ständen und Klassen zu befördern, und
dieselbe zu einem Gemeingute allerMenschen und Völker
zu machen.