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Zum Unglück starb dieser grofze König, und Schach Sefi, der ihm folgte, schien
die Wehklagen der Völker zu rechtfertigen, daß nämlich gute Fürsten wie andere
Menschen sterben müssen. Er war das völlige Widerspiel seines Vorgängers, voll
Mißtrauen, Grausamkeit und Geiz; Blutvergießen schien ihn zu erquicken wie den
Durstigen ein Trunk Wasser. Einen solchen Oberherrn hatten Alis Feinde er—
wartet, und ihr verborgener Neid wurde sogleich wieder sichtbar. Sie brachten
täglich Verleunidungen gegen den Schatzmeister an, auf die der König anfangs
nicht achtete, bis eine jenen erwünschte Begebenheit diese Anklage zu rechtfertigen schien.
Der König nämlich verlangte einen kostbaren Säbel zu sehen, den Schach Abbas
bom lirkischen Kaiser zum Geschenk bekommen hatte, und dessen einige Hofleute ge—
dachten. Der Säbel war nicht zu finden, ob er gleich in dem nachgelassenen Ver—
zeichnisse des großen Abbas verzeichnet war, und so fiel Schach Sefis Verdacht auf
den Schatzmeister, daß dieser ihn veruntreuet habe. Dies war, was seine Feinde
wünschten; sie verdoppelten ihre Beschuldigungen und schilderten ihn als den ärgsten
Betrüger. „Er hat viele Häuser zur Bewirtung der Fremden gebaut“, sagten sie,
Nund andere öffentliche Gebäude mit großen Kosten aufführen lassen. Er kam als
ein nackter Knabe an den Hof, und doch besitzt er jetzt unermeßliche Reichthümer.
Woher könnte er alle die Kostbarkeiten, womit sein Haus angefüllt ist, haben, wenn
er den königlichen Schatz nicht bestöhle?“ Ali Beg trat eben zum Könige hinein, als
ihn seine Feinde so verklagten, und mit zornigen Blicken sprach der König: „Ali Beg,
deine Untteue ist kund worden; du hast dein Amt verloren, und ich befehle dir, in
vierzehn Tagen Rechnung abzulegen.““ — Ali Beg erschrak nicht, denn sein Gewissen
war Lein, aber er bedachte, wie gefährlich es sein würde, seinen Feinden vierzehn
Tage Zeit zu lassen, ehe er seine Unschuld bewiese. „Herr“, sprach er, „mein Leben
ist in deiner Hand. Ich bin bereit, die Schlüssel des königlichen Schatzes und den
Schmuck der Ehre, den du mir gegeben hast, heute oder morgen vor deinem
Throne niederzulegen, wenn du deinen Sklaven mit deiner Gegenwart begnadigen
willst.“
Diese Bitte war dem Könige höchst willkommen, er genehmigte sie und besichtigte
gleich des anderen Tages die Schaßkammer. Alles war in der vollkommensten
Ordnung, und Ali Beg überführte ihn, daß Schach Abbas den vermißten Säbel
selbst herausgenommen und mit den Diamanten ein anderes Kleinod habe schmücken
lassen, ohne es jedoch in seinem Verzeichnisse zu bemerken. Der König konnte nichts
dagegen einwenden; allein Mißtrauen ist ungerecht und findet sich beleidigt, wenn es
sich in seinen selbst falschen Muthmaßungen betrogen sieht. Er ersann daher einen
Vorwand und begleitete den Schatzmeister in sein Haus, um die vielen Kostbarkeiten
zu finden, von denen ihm seine Höflinge gesagt hatten. Zu seiner größten Ver—
bunderung aber war auch hier alles anders. Gemeine Tapeten deckten die Wände;
die Zimmer waren mit nicht mehr als nothdürftigem Hausrath versehen, und Sefi
mußte selbst gestehen, ein mittelmäßiger Bürger wohne köstlicher, als der Großschatz—
meister seines Reiches. Er schämte sich dieser zweiten Täuschung und wollte sich
entfernen, als ihm ein Höfling eine Thür am Ende der Galerie zeigte, die mit zwei
flarken, eisernen Riegeln verschlossen wr. Der König ging näher und fragte den
Ali Beg, was er unter so großen Schlössern und Riegeln derwahre. Al Beg schien
erschrocken; er erröthete heftig, erholte sich aber wieder und sprach: „Herr! in diesem
Gemache bewahre ich das Liebste, was ich auf der Welt habe, mein wahres Eigen—
thum. Alles, was du in diesem Hause gesehen hast, gehört dem Könige, meinem
Herrn; was dieses Zimmer enthält, ist mein, aber es ist ein Geheimniß; ich bitte
dich, verlange es nicht zu sehen.“
Dies aͤngstliche Betragen schien dem argwöhnischen Sefi Ausdruck der Schuld,
und er befahl mit Heftigkeit, die Thür zu öffnen. Das Gemach that sich auf, und
siehe da. vier weiße Waͤnde, mit einem Hirtenstabe, einer Flöte, einem schlichten