Full text: Poetische Blumenlese oder Grundlagen für den Unterricht in der Poetik und Litteraturgeschichte

110 
Zweite Abteilung. Epische Poesie. 
a) Zweck der Dichtung: Verspottung der Kartenspieler. — Das Gedicht ist eine 
vortreffliche Ilustration zu Turnvater Jahns Wort: „Die Kartenspiele haben uns 
flumm gemacht und was sich darauf reimt“ (nämlich: dumm) — ) Wort— und 
Sacher klärungen: Hurouen, eine Völkerschaft in Nordamerika, jetzt im Südwesten 
des Erieseees wohnend — Fuͤrien — Rachegöttinnen. — Stein der Weisen — 
Wundermilel, Unversalheilmittel. — Des Zirkels Viereck finden — die Quadratur 
des Rreises sinden (leine Aufgabe, die bis jetzt noch niemand gelöst hat). 
133. Die Tabakspfeife. 
Gottlieb Konrad Pfeffel. 
1. „Gott gruß euch Alter 
schmeckt das Pfeischen? 
Weist her! — Ein Blumentopf 
Von rotem Thon, mit goldnen Reif— 
chen? — 
Was wollt ihr für den Kopf?“ 
2. O Herr, den Kopf kann ich nicht 
lassen! 
Er kommt vom bravsten Mann, 
Der ihn, Gott weiß es, einem Bassen 
Bei Belgrad abgewann. 
3. Da, Herr, da gab es rechte 
Beute; 
Es lebe Prinz Eugen! 
Wie Grummet sah man unsre Leute 
Der Türken Glieder mähn. — 
4. Ein andermal von euren 
Thaten! 
Hier, Alter, seid kein Tropf! 
Rehmt diesen doppelten Dukaten 
Für euren Pfeifenkopf!“ 
5. Ich bin ein armer Kerl und lebe 
Von meinem Gnadensold; 
Doch, Herr, den Pfeifenkopf, den gebe 
Ich nicht um alles Gold. 
6. Hört nur: Einst jagten wir 
Husaren 
Den Feind nach Herzenslust, 
Da schoß ein Hund von Janitscharen 
Den Hauptmann in die Brust. 
7. Ich heb' ihn flugs auf meinen 
Schimmel — 
Er hätt' es auch gethan — 
Und trag' ihn sanft aus dem Getümmel 
Zu einem Edelmann. 
8. Ich pflegte sein. Vor seinem 
Ende 
Reicht' er mir all sein Geld 
Und diesen Kopf, drückt' mir die 
Hände 
Und blieb im Tod noch Held. 
9. Das Geld mußt du dem Wirte 
schenken, 
Der dreimal Plünd'rung litt, 
So dacht' ich, und zum Angedenken 
Nahm ich die Pfeife mit. 
10. Ich trug auf allen meinen 
Zügen 
Sie wie ein Heiligtum, 
Wir mochten weichen oder siegen, 
Im Stiefel mit herum. 
11. Vor Prag verlor ich auf der 
EStreife 
Das Bein durch einen Schuß; 
Da griff ich erst nach meiner Pfeife 
Und dann nach meinem Fuß. 
12. „Schön, Vater, ihr entlockt mir 
Zähren! 
O sagt, wie hieß der Mann, 
Damit auch mein Herz ihn verehren 
Und ihn beneiden kann?“ 
13. Man hieß ihn nur den tapfern 
Walter, 
Dort lag sein Gut am Rhein — 
„Das war meine Ahne, lieber Alter, 
Und jenes Gut ist mein. 
14. Kommt, Freund, ihr sollt bei 
mir nun leben! 
Vergesset eure Not! 
Kommt, trinkt mit mir von Walters 
Reben 
Und eßt von Walters Brot!“ 
15. Nun toppl ihr seid sein wahrer 
Erbe! 
Ich ziehe morgen ein, 
Und euer Dank soll, wenn ich sterbe, 
Die Türkenpfeife sein.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.