D. vom Wirtschaften in Haus und hof.
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den doppelten Wert des verkaufsobjektes dar. Der händler hatte
also 30 000 M. bar perdient und sein Geld doppelt so sicher angelegt
als früher.
z. Einer fürchterlichen Schinderei ist der „Bauer ohne Geld“ aus⸗
gesetzt, wenn er etwas kaufen will und wegen Geldmangels borgen
muß. Besonders zeigt sich dieses beim viehhandel. Die Prellereien
sind natürlich sehr verschiedener Art. Alle haben aber das Gemeinsame,
daß der Bauer 100 200 -300 / Zins zahlen muß. Am klarsten
läßt sich die Sspitzbüberei darlegen an der in einzelnen Gegenden
sehr verbreiteten Einrichtung des „Einstellviehes“. Ein viehhändler
stellt einem Bauern ein trächtiges Rind ein. Das wird zu 200 M.
angeschlagen. In wirklichkeit beträgt sein Wert 170 M. Der Mann
muß sofort die hälfte von 200 — 00 M. zahlen oder darüber eine
handschrift machen. Das Rind bringt nun ein KRalb zur Welt. Das
Nalb wird aufgezogen. Die Kuh nimmt zum zweilen Male auf,
und nach einiger Zeit steht ein zweites Ralb im Stalle. Nun steht
das eingestellte Kalb „zu drutt“. Es wird abgeteilt. Der händler
hat das Recht, enlweder das Vieh oder entsprechendes Geld zu nehmen.
Und zwar erhält er im Geldwerte: a) die Hälfte des gegenwärtigen
Wwertes der Kuh, welche als Rind eingestellt wurde — 150 M.;
b) die hälfte des einjährigen Rindes (erstes Kalb) — 90 n. o die
hälfte des Kalbes (zweites Nalb) — 20 M.
Fast in jeder Gegend ist ein anderer Brauch beim Viehhandel.
Und es ist unmöglich, alle die winkeleien, die dabei vorkommen, zu
schildern. überall aber hat den Schaden der „Bauer ohne Geld“.
Durch fortgesetzten viehumtausch, verbunden mit Geldverleihgeschäften,
entsteht vielfach ein so berwickeltes Schuldenverhältnis, daß ein ge—
wiegter Geschäftsmann kaum Rlarheit bekommen kann, um wieviel
weniger ein einfacher Candwirt. Durch wiederholte Ab-⸗ und Zu⸗
schreibungen, durch das hereinziehen alter ssschulden, Vermischen von
baren Darlehen mit viehkaufssorderungen ist eine übersicht über die
eigentlichen iehkaufsschulden und eine Trennung der baren Darlehen
gar nicht mehr möglich. Und so kann es sehr leicht vorkommen, daß
dei der Abrechnung ein Stück vieh mehr herauskommt, als der Bauer
in Wirklichkeit erhalten hat. Ift die Vermögenslage des Bauern
endlich hoffnungslos, dann erhält er nochmals teures Dieh eingestellt,
und der Raufpreis wird mit der Gesamtsumme durch gerichtliche Ein⸗
treibung gesichert.
4. Es gibt auch schriftgelehrte wucherer, welche an einem Wechsel
pon 100 M. so fein eine Null zuzusetzen und aus 100 M. 1000 M.
zu machen gewußt haben, daß kein Mensch es merkt. Es ist vor—
gekommen, daß ein Wucherer sich unter irgendeinem Vorwande die
Unterschrift des Bauern erbeten hat. Eines schönen Tages erscheint
dann ein Schuldschein, von dessen Entstehung niemand eine Ahnung
hat. Oder man diktiert eine Fassung des Schuldscheins, wodurch die
schuld verzehnfacht wird. Z. B. anstatt: „In zehn Terminen 90 M.
zu zahlen“ sagt man „in zehn Tagen je 90 Mm.“ Oder es wird