D. vom Wirtschaften in Haus und hof. 
125 
den doppelten Wert des verkaufsobjektes dar. Der händler hatte 
also 30 000 M. bar perdient und sein Geld doppelt so sicher angelegt 
als früher. 
z. Einer fürchterlichen Schinderei ist der „Bauer ohne Geld“ aus⸗ 
gesetzt, wenn er etwas kaufen will und wegen Geldmangels borgen 
muß. Besonders zeigt sich dieses beim viehhandel. Die Prellereien 
sind natürlich sehr verschiedener Art. Alle haben aber das Gemeinsame, 
daß der Bauer 100 200 -300 / Zins zahlen muß. Am klarsten 
läßt sich die Sspitzbüberei darlegen an der in einzelnen Gegenden 
sehr verbreiteten Einrichtung des „Einstellviehes“. Ein viehhändler 
stellt einem Bauern ein trächtiges Rind ein. Das wird zu 200 M. 
angeschlagen. In wirklichkeit beträgt sein Wert 170 M. Der Mann 
muß sofort die hälfte von 200 — 00 M. zahlen oder darüber eine 
handschrift machen. Das Rind bringt nun ein KRalb zur Welt. Das 
Nalb wird aufgezogen. Die Kuh nimmt zum zweilen Male auf, 
und nach einiger Zeit steht ein zweites Ralb im Stalle. Nun steht 
das eingestellte Kalb „zu drutt“. Es wird abgeteilt. Der händler 
hat das Recht, enlweder das Vieh oder entsprechendes Geld zu nehmen. 
Und zwar erhält er im Geldwerte: a) die Hälfte des gegenwärtigen 
Wwertes der Kuh, welche als Rind eingestellt wurde — 150 M.; 
b) die hälfte des einjährigen Rindes (erstes Kalb) — 90 n. o die 
hälfte des Kalbes (zweites Nalb) — 20 M. 
Fast in jeder Gegend ist ein anderer Brauch beim Viehhandel. 
Und es ist unmöglich, alle die winkeleien, die dabei vorkommen, zu 
schildern. überall aber hat den Schaden der „Bauer ohne Geld“. 
Durch fortgesetzten viehumtausch, verbunden mit Geldverleihgeschäften, 
entsteht vielfach ein so berwickeltes Schuldenverhältnis, daß ein ge— 
wiegter Geschäftsmann kaum Rlarheit bekommen kann, um wieviel 
weniger ein einfacher Candwirt. Durch wiederholte Ab-⸗ und Zu⸗ 
schreibungen, durch das hereinziehen alter ssschulden, Vermischen von 
baren Darlehen mit viehkaufssorderungen ist eine übersicht über die 
eigentlichen iehkaufsschulden und eine Trennung der baren Darlehen 
gar nicht mehr möglich. Und so kann es sehr leicht vorkommen, daß 
dei der Abrechnung ein Stück vieh mehr herauskommt, als der Bauer 
in Wirklichkeit erhalten hat. Ift die Vermögenslage des Bauern 
endlich hoffnungslos, dann erhält er nochmals teures Dieh eingestellt, 
und der Raufpreis wird mit der Gesamtsumme durch gerichtliche Ein⸗ 
treibung gesichert. 
4. Es gibt auch schriftgelehrte wucherer, welche an einem Wechsel 
pon 100 M. so fein eine Null zuzusetzen und aus 100 M. 1000 M. 
zu machen gewußt haben, daß kein Mensch es merkt. Es ist vor— 
gekommen, daß ein Wucherer sich unter irgendeinem Vorwande die 
Unterschrift des Bauern erbeten hat. Eines schönen Tages erscheint 
dann ein Schuldschein, von dessen Entstehung niemand eine Ahnung 
hat. Oder man diktiert eine Fassung des Schuldscheins, wodurch die 
schuld verzehnfacht wird. Z. B. anstatt: „In zehn Terminen 90 M. 
zu zahlen“ sagt man „in zehn Tagen je 90 Mm.“ Oder es wird
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.