Full text: [Teil 2 = 3. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 2 = 3. Schuljahr, [Schülerband])

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75. Die Roßkastanie. 
Kirschen und Birnen, Apfel und Nüsse, Zwetschen und Trauben, 
das sind gar schöne Früchte. Wir freuen uns immer, wenn wir von 
der Mutter solche bekommen. Aber es giebt auch Früchte, die man 
nicht essen kann, die uns aber dennoch Freude machen. Das sind 
z. B. die Roßkastanien. Wenn im Herbste der Wind an den Zweigen 
der Roßkastanienbäume geschüttelt hat, liegen diese Früchte oft in 
Menge am Boden. Hier sind einige, so sauber und glänzend rotbraun, 
daß es eine Lust ist, sie zu sammeln; dort guckt eine aus der gespal⸗ 
tenen grünen Schale hervor; wieder andere stecken verborgen in der 
noch geschlossenen stachligen Hülle. Aber ein kräftiger Fußtritt öffnet 
diefelbe, und die blanke Kastanie springt heraus. Manchmal steckt 
auch neben der größeren noch eine kleinere. Zu Hause aber werden 
mit den Kastanien auf dem Tische schöne Figuren gelegt; oder der 
Vater durchbohrt sie, und die Kinder reihen sie nun an einem Faden 
auf; oder er schnitzt zierliche Henkelkörbchen daraus. 
Allmählich wird es rauher. Manche Bäume sind schon beinahe 
kahl. Auch die Roßkastanie läßt ihr Laub fallen. Massen großer 
Blätter liegen am Boden. An dem langen Blattstiele sind gewöhnlich 
sieben längliche Blättchen, von denen das mittelste am größten ist. 
Das untere Ende des Stieles aber ist verdickt und sieht fast so aus 
wie ein Pferdehuf. 
Jetzt ist der Winter da. Die Äste sind mit Schnee belastet. 
Aber in den dicken Knospen schlummern, verborgen und durch klebrige 
Schuppen gegen die Kälte wohl geschützt, zarte Blätter, ja sogar schon 
Blüten. 
Kommt endlich der Frühling wieder mit seinem zarten, warmen 
Sonnenschein, so schwellen die Knospen mächtig an. Und wenn wir 
nach einem warmen Regen eines Morgens in den Garten kommen, 
so sehen wir überrascht die Roßkastanien grünen. Die zarten Blätter 
find aus der geöffneten Knospe hervorgetreten. Sie hängen zwar noch 
schlaff herab, aber nach wenigen Wochen sind sie groß und stark ge⸗ 
worden und breiten sich fröhlich aus. Nun feiert die Roßkastanie 
auch ihr Maifest. Alle Zweige schmücken sich mit weißen Blüten— 
sträußen. Kerzengerade sind sie aufgerichtet, wie die Lichter am Weih— 
nachtsbaum. Mit fröhlichem Gesumme sammeln die Bienen süßen 
Honig in den Blüten. Doch bald welken diese. Unzählige weiße 
Blätichen, alle rot getüpfelt, wirbeln wie Schnee bei jedem Windstoße
	        
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