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sah gar nicht ein, warum nur ein Kanarienvogel im Zimmer-
Wohnen sollte und nicht auch er, der junge Herr Hahn, der
doch noch größer war und einen Kamm hatte und der Kanarien¬
vogel nur ein Büschchen.
So war er denn am letzten Abend heimlich auf die Holz¬
beuge geflogen, als die andern Hühner ordentlich in den Stall
gingen, und unbemerkt durchs offene Fenster ins Zimmer ge¬
schlüpft. Man bemerkte ihn nicht, da die Kinder im Neben¬
zimmer schliefen, und der Pfarrer verreist war. Aber gar nicht
geschickt fand er es in der schönen Stube, da war es nicht so
warm wie im Stall und keine Stangen, um darauf zu sitzen;
endlich flog er ans eine hohe Kommode, da schlief er aber ganz
schlecht.
Am Morgen hört der Fritz in der Nebenstube: „Kokero!"
und wie er herauskommt, fliegt mein schwarz Hähnchen von der
Kommode, wirft ein Porzellankörbchen mit herunter und möchte
gern hinaus; das meinte der wilde Fritz aber nicht. Der jagt
ihm nach und erhascht es; über den Lärm konnnt Minchen,
seine Schwester, heraus und fragt: „Was hast du, Fritz?"
„(Lin Hähnchen!" jubelte der, „das muß uns die Kathrine
braten!" „O laß es fliegen!" bat Minchen. „(Li bewahre
warum ist der Bursche so frech? der muß gebraten werden."
„Dann umß man's aber rupfen, ehe man es brät," sagte Min¬
chen altklug. (Ls war des Schwarzen Glück, daß Minchen so
dumm war und nicht wußte, daß man die Hühner zum Braten
erst rupft, wenn sie tot sind; sonst hätte wohl der Fritz zuerst
das Stechen versucht. So wollte er'S aber vorher rupfen, da
schrie es gewaltig und riß sich los. Minchen öffnete das
Fenster, und es kam glücklich, wenn auch kläglich aussehend
wieder im Hof an.