Full text: (Für die achte Klasse) (Band 2, [Schülerband])

Die ^Heinzelmännchen. Der Zwerg und die Gerstenähre. 
195 
und klopfen und hacken 
und kochen und backen. 
Ach, daß es noch wie damals wär'! 
Doch kommt die schöne Zeit nicht wieder her! 
August Kopisch. 
171. Der Zwerg und die Gerstenähre. 
Ein wohlhabender Bauer stand in seiner Scheune und schaute be¬ 
haglich den nlächtigen Segen an, den ihm ein günstiger Sommer 
. gebracht hatte. Bis an den Giebel hinan waren alle Fächer gefüllt 
mit goldenen Garben, und das nicht allein — auf dem Felde standen 
noch einige stattliche Schober, die keine Unterkunft mehr hatten finden 
können; so reich war die Ernte gewesen. Dabei war das Stroh so lang 
und die Ähren so voll, wie lange nicht; ja, der Äafer hatte sogar das 
dritte Korn, während sonst an den einzelnen Stielchen seiner Ähre nur 
zwei wie kleine Kanarienvögel sitzen und das dritte dazwischen gemeinig¬ 
lich verkümmert. Als er nun so stand und an das Dreschen im Winter 
dachte und an die Wagen, mit feisten Kornsäckeln beladen, die er 
in die Stadt und an den Müller liefern würde, und im Geiste schon 
die vielen blanken Taler in seinem Kasten klingen hörte, da raschelte 
es ganz leise in einem kaufen Stroh, der auf der Tenne lag. 
Der Bauer glaubte, es sei eine Maus, und packte seinen Stock schon 
fester, um ihr den Garaus zu machen; allein er verwunderte sich fast, 
da statt eines solchen Tierchens ein Etwas, so leuchtend rot wie Klatsch¬ 
mohn, aus dein Stroh hervorkam. Nun arbeitete es sich ganz zum 
Borschein und stand da, nicht größer als eine Maus, die aus zwei 
Beinen geht. Es war ein Zwerg in grauer Kleidung, mit einem roten 
Käppchen auf dem Äaupte. Dieses lüftete der kleine Wicht gar höflich 
und sprach mit einem winzigen Stimmlein: „Äerr Bauer, ich habe ein 
großes Anliegen an Euch." 
„Nun, was willst du denn, kleiner Mann?" fragte dieser. Das 
Zwerglein sprach: „Reichtum und Fülle ist bei Euch eingekehrt. Wolltet 
Zhr nun die große Güte haben, alltäglich um diese Zeit mir von 
Eurem Überfluß eine Gerstenähre zu schenken, so soll dies nicht zu 
Eurem Schaden sein." 
Der Bauer, der wohl wußte, daß man gut daran tut, das 
kleine Volk sich freundlich zu erhalten, sprach: „Gewiß, das soll ge¬ 
schehen, kommet nur allezeit um die Mittagsstunde, so soll Euch werden, 
was Zhr begehret." 
13*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.