Full text: [Teil 1 = Klasse 9, [Schülerband]] (Teil 1 = Klasse 9, [Schülerband])

lichkeiten zu bewundern. Nicht nur große Häuser und schöne 
Läden gab es zu sehen, nein, noch viel, viel mehr, denn mitten 
in der Stadt war auf einem freien Platz ein Jahrmarkt auf¬ 
geschlagen. O, die herrlichen Puppen und Spiele, Pferdchen 
und Trompeten! Lotte war kaum fortzubringen. Zuletzt setzte 
sie der Vater auf einen prachtvollen Schimmel, der stand mit 
noch vielen andern Pferden auf einem Karussell, und Lotte ritt 
stolz ein paarmal im Kreise herum. 
Auf der Heimfahrt plauderte das Kind noch von all den 
Herrlichkeiten, in der Nacht träumte es sogar davon, und am 
Morgen, da wäre es lieber ein Stadtkind gewesen und nicht 
Försters Lotte. 
So kam es, daß unser Lottchen heute so gedankenvoll durch 
den Wald schritt, daß sich die alten, hohen Tannen recht über 
sie wunderten und ganz bedenklich die langen Äste schüttelten. 
„Was hat sie nur?" sagte eine zur andern, und das klang 
wie leises Rauschen. Lotte hatte die Frage natürlich nicht beant¬ 
wortet, denn sie verstand die Baumsprache nicht; aber sie hörte 
auch nicht auf das Rauschen. 
Plötzlich blieb sie stehen, bückte sich und lachte erstaunt 
auf. In ihrer Hand hielt sie eine reizende kleine Brille, aus 
Grashalmen geflochten und mit Spinnweb überzogen; die hatte 
da auf dem Weg gelegen. 
Lotte betrachtete sie von allen Seiten, und endlich setzte sie 
sie auf die Nase: sie saß so gut, wie eine richtige Brille sitzen muß. 
Zuerst blinzelte Lotte ein bißchen, dann sah sie durch das 
feine Spinnweb, riß aber gleich vor Verwunderung beide Augen 
weit auf. Vor ihr standen plötzlich zwei Kinder; ein Mädchen in 
einem wunderbaren Kleidchen, das ganz aus feinstem Goldstoff 
gewoben war. Goldene Löckchen umrahmten das rosige Gesicht, 
und fröhlich und sonnig blickten die großen, blauen Augen 
unsere Lotte an. Das andere Kind, ein Junge, stak in einem 
derben Bauernbubenanzug, hatte dicke, rote Backn: und sah sehr 
lustig und gutmütig aus.
	        
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