Full text: [Teil 3 = Klasse 7 (4. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 3 = Klasse 7 (4. Schuljahr), [Schülerband])

36 
Da erschrak die Königin und ward gelb und grün vor Neid. 
Von Stund an, wenn sie Sneewittchen erblickte, kehrte sich ihr das 
Herz im Leibe herum, so haßte sie das Mädchen. Und der Neid und 
Hochmut wuchsen wie Unkraut in ihrem Herzen immer höher, 
so daß sie Tag und Nacht keine Ruhe mehr hatte. Da rief sie 
einen Jäger und sprach: „Bring das Kind hinaus in den Wald! 
Ich will's nicht mehr vor meinen Augen sehen. Du sollst es töten 
und mir Lunge und Leber zum Wahrzeichen mitbringen." Der 
Jäger gehorchte und führte es hinaus, und als er den Hirschfänger 
gezogen hatte und Sneewittchens unschuldiges Herz durchbohren 
wollte, fing es an zu weinen und sprach: „Ach, lieber Jäger, 
laß mir mein Leben; ich will in den wilden Wald laufen und 
nimmermehr wieder heimkommen." Und weil es so schön war, hatte 
der Jäger Mitleid und sprach: „So lauf hin, du armes Kind." 
„Die wilden Tiere werden dich bald gefressen haben," dachte er, 
und doch war's ihm, als wär' ein Stein von seinem Herzen gewälzt, 
weil er es nicht zu töten brauchte. Und als gerade ein junger 
Frischling dahergesprungen kam, stach er ihn ab, nahm Lunge 
und Leber heraus und brachte sie als Wahrzeichen der Königin 
mit. Der Koch mußte sie in Salz kochen, und das boshafte 
Weib aß sie auf und meinte, sie hätte Sneewittchens Lunge und 
Leber gegessen. 
2. 
Nun war das arme Kind in dem großen Wald mutterseelen¬ 
allein, und ward ihm so angst, daß es alle Blätter an den Bäumen 
ansah und nicht wußte, wie es sich helfen sollte. Da fing es an 
zu laufen und lief über die spitzen Steine und durch die Dornen, 
und die wilden Tiere sprangen an ihm vorbei, aber sie taten ihm 
nichts. Es lief, solange nur die Füße noch fort konnten, bis es 
bald Abend werden wollte; da sah es ein kleines Häuschen und 
ging hinein, sich auszuruhen. In dem Häuschen war alles klein, 
aber so zierlich und reinlich, daß es nicht zu sagen ist. Da stand 
ein weiß gedecktes Tischlein mit sieben kleinen Tellern, jedes Teller¬ 
lein mit seinem Löffelein, ferner sieben Messerlein und Eäbelein 
und sieben Becherlein. An der Wand waren sieben Beltlein neben¬ 
einander aufgestellt und schneeweiße Laken darüber gedeckt. Snee¬ 
wittchen, weil es so hungrig und durstig war, aß von jedem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.