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sch es Herz halten und ihm fein Glück nicht gönnten, in den Stall
und schraubten den Bären los. Der Bär in voller Wut rannte hinter
dem Wagen her. Die Prinzessin hörte ihn schnauben und brummen;
es ward ihr angst, und sie rief: „Ach, der Bär ist hinter uns und
will dich holen." Das Schneiderlein war fir, steckte die Arme zum
Fenster hinaus und rief: „Siehst du den Schraubstock? Wenn du
nicht gehst, so sollst du wieder hinein." Wie der Bär das sah, drehte
er um und lief fort. Mein Schneiderlein fuhr da ruhig in die
Kirche, und die Prinzessin ward ihm an die Hand getraut, und lebte
er mit ihr vergnügt wie eine Heidelerche. Wer's nicht glaubt,
bezahlt einen Taler. Brüder Grimm.
213. Die Wichtelmänner. s
Es war ein Schuster ohne seine Schuld so arni geworden, daß
ihm endlich nichts mehr übrig blieb als Leder zu einem einzigen
Paar Schuhe. Nun schnitt er am Abend die Schuhe zu, die wollte
er den nächsten Morgen in Arbeit nehmen; und weil er ein gutes
Gewissen hatte, so legte er sich ruhig zu Bett, befahl sich dem liehen
Gott und schlief ein. Morgens, als er sein Gebet verrichtet haÜe
und sich zur Arbeit niedersetzen wollte, so standen die beiden Schuhe
ganz fertig auf seinem Tisch. Er verwunderte sich und wußte nicht,
was er dazu sagen sollte. Er nahm die Schuhe in die Hand, um sie
näher zu betrachten: sie waren so sauber gearbeitet, daß kein Stich
daran falsch war, gerade als wenn es ein Meisterstück sein sollte.
Bald darauf trat auch schon ein Käufer ein, und weil ihm die Schuhe
so gut gefielen, so bezahlte er mehr als gewöhnlich dafür, und der
Schuster konnte von dem Geld Leder zu zwei Paar Schuhen er¬
handeln. Er schnitt sie abends zu und wollte den nächsten Morgen
mit frischem Mut an die Arbeit gehen; aber er brauchte es nicht,
denn als er aufstand, waren sie schon fertig, und es blieben auch
nicht die Käufer aus, die ihm so viel Geld gaben, daß er Leder
zu vier Paar Schuhen einkaufen konnte. Er fand früh morgens auch
die vier Paar fertig; und so ging's immer fort: was er abends zu¬
schnitt, das war am Morgen verarbeitet, also daß er bald wieder
sein ehrliches Auskommen hatte und endlich ein wohlhabender Mann
ward. Nun geschah es eines Abends, nicht lange vor Weihnachten,
als der Mann wieder zugeschnitten hatte, daß er vor Schlafengehen
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