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5. Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde, geschwinde!
Es kommt der Junker Morgenwind,
Ein pausebackig rotes Kind,
Und bläst, daß alles klingt und klirrt,
Bis seinem Herrn geöffnet wird.
Geschwinde, geschwinde!
6. Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde, geschwinde!
Es kommt der Ritter Sonnenschein,
Der bricht mit goldnen Lanzen ein;
Der sanfte Schmeichler Blütenhauch
Schleicht durch die engsten Ritzen auch.
Geschwinde, geschwinde!
7. Die Fenster auf, die Herzen auf!
Geschwinde, geschwinde!
Zum Angriff schlägt die Nachtigall,
Und horch und horch, ein Widerhall,
Ein Widerhall aus meiner Brust!
Herein, herein, du Frühlingslust!
Geschwinde, geschwinde! Wilhelm Müller.
36. Winters Flucht.
1. Dem Winter wird der Tag zu lang,
Ihn schreckt der Vögel Lustgesang;
Er horcht und hört's mit Gram und Neid,
Und was er sieht, das tut ihm leid.
2. Er flieht der Sonne milden Schein,
Sein eigner Schatten macht ihm Pein;
Er wandelt über grüne Saat
Und Gras und Keime früh und spat.
3. „Wo ist mein silberweißes Kleid?
Mein Hut, mit Demantstaub beschneit?"
Er schämt sich wie ein Bettelmann
Und läuft, was er nur lausen kann.