122 Das Mittelalter.
Der finstere Hanno erzog Heinrich hart und strenge, so daß er dessen
Zuneigung nicht gewann. Nach einigen Jahren bemächtigte sich der
Erzbischof Adalbert von Bremem des Knaben. Um den künftigen
König für sich zu gewinnen, schmeichelte er dessen Neigungen und Launen.
Hatte Hanno ihm nichts erlaubt, so gestattete Adalbert ihm alles. Da¬
durch wurde Heinrich eigenwillig und herrschsüchtig; nicht selten mi߬
brauchte er auch seine übermäßige Freiheit zu Ausschweifungen, die dann
von seinem Erzieher nicht gerügt wurden. Adalberts Feinde waren die
Sachsen, besonders deren mächtiges Herrschergeschlecht, die Bi Hing er,
die den herrschsüchtigen Bischof oft an der Vergrößerung seines Bistums
gehindert hatten. Den Haß gegen diese Pflanzte er auch in die Seele
des jungen Königs. Schon im Alter von 15 Jahren wurde dieser
auf Adalberts Drängen feierlich mit dem Schwerte umgürtet und da¬
durch für mündig erklärt.
c. Kampf mit den Sachsen. Der junge heißblütige König beschloß,
zunächst die Sachsen zu demütigen, die ihm Adalbert oft als ein trotziges,
widerspenstiges Volk geschildert hatte. Auf den Bergen des Harzes und
Thüringens erbaute er starke Burgen; die stärkste derselben war die
Harzburg bei Goslar, Heinrichs Lieblingssitz. Da von diesen Burgen
aus das fränkische Kriegsvolk manche Gewaltthat in der Umgegend
verübte, reizte Heinrich den ganzen Stamm der Sachsen gegen sich ans,
welche durch diese Zwingburgen ihre alte Freiheit bedroht sahen. Auch
erzählte man sich in Sachsen, Heinrich habe, von einer Bergeshöhe das
Land beschauend, geäußert: „Sachsen ist ein schönes Land, ober die es
bewohnen, sind verworfene Knechte." Der Hauptfeind Heinrichs war der
Bayernherzog Otto von Nordheim, auch ein Sachse, der beschuldigt
wurde, dem Könige nach dem Leben getrachtet zu haben; dies wollte der
Ankläger mit einem Gottesurteile beweisen. Otto wurde abgesetzt und
sein Freund, Magnus von Sachsen, gefangen genommen. Da geriet
das ganze Sachsenvolk in Bewegung. Otto von Nordheim stellte sich
an die Spitze der Mißvergnügten. Fürsten und Bauern des Sachsen¬
landes gelobten einander Beistand, und 60000 Sachsen standen in wenigen
Tagen vor der Harzbnrg, in der Heinrich sich befand. Kaum gelang es
diesem, mit einigen Vertrauten zu entkommen. Ein Jäger aus der Um¬
gegend, der Weg und Steg daselbst kannte, führte den kleinen Zug durch
das rauschende Dickicht, und erst am Rheine fand Heinrich Sicherheit.
Da trat er mit den Sachsen in Unterhandlung; sie verlangten, er solle
die Burgen in ihrem Lande niederreißen, ihnen ihre alten Freiheiten
lassen und Otto von Nordheim wieder einsetzen. Nur mit Widerstreben
willigte Heinrich ein; sofort begannen die Bauern die Burgen zu zerstören.
Die Mauern der Harzburg waren eingerissen, die Wälle abgetragen, die
Gräben verschüttet; nur die kirchlichen Gebäude standen noch. Da
stürmten eines Tages die Bauern in hellen Haufen zu der Harzburg
hinauf und zerstörten alles bis auf den Grund. Sie raubten, was sie
fanden, steckten die schöne Kirche in Brand, zerschlugen die Altäre, rissen