II. Deutsche Neichsgeschichte.
A. Gründung des Meiches.
1. Heinrich I. (919—936.)
Seine Wahl. König Konrad war nach Bayern gezogen und
kämpfte mit Arnulf, und als er hierbei, wie einige berichten, verwundet
wurde, kehrte er in sein Sand zurück. Da er nun fühlte, daß die Krank-
heit und der Schmerz über den Verlust seines früheren Glückes an seiner
Lebenskraft zehre, berief er seinen Bruder Eberhard, der, um ihn zu be-
suchen, in seiner Nähe weilte, zu sich und sprach zu ihm also: „Mein
Bruder, ich fühle, nicht länger ertrage ich dieses Lebens Last. Gott will
es so, und nach seinem Willen. unterliege ich dieser Krankheit. Darum
gehe mit dir zu Rate und trage, was vornehmlich deine Pflicht ist, für
das ganze Reich der Franken Sorge, indem du auf meinen Rat achtest.
Wir "haben viele Getreue und ein großes Heer, das auf uusern Ruf zu-
sammentritt und uns in den Kampf folgt, wir haben Burgen und Waffen,
in unfern Händen sind die königlichen Abzeichen und alles, was der
Glanz des Königtums verlangt, aber das Glück fehlt uns und die rechte
Sinnesart. Diese beiden fielen Heinrich zu, und das Heil des Staates
liegt in der Sachsen Hand. Darum nimm die Abzeichen königlicher
Würde, die heilige Lanze, die goldenen Armspangen, den Mantel, Schwert
und Krone unsrer alten Könige, gehe hin zu Heinrich und schließe deinen
Frieden mit ihm. auf daß du ihn für immer zu deinem Freunde habest.
Denn warum soll das Volk der Franken mit dir vor seinem Schwerte
fallen? Denn wahrlich, er wird ein König sein und ein Herr über viele
Völker." Also sprach er, und unter Thränen gelobte der Bruder zu thun,
wie ihm geheißen. Als aber der König gestorben war, begab sich Eber-
hard zu Heinrich und gab sich mit allen seinen Schätzen in des Herzogs
Macht, schloß Frieden und erwarb sich seine Freundschaft, die er bis an
sein Ende in Treue und voll Liebe bewahrt hat. Darauf versammelte
er die Großen und Ältesten des Frankenvolkes an dem Orte, welcher
Fridisleri (Fritzlar) genannt wird, und rief Heinrich vor allem Volk der
Franken und Sachsen zum Könige aus. Als nun der höchste Bischof des
Landes, damals Erzbischof Heriger von Mainz, ihm Salbung und Krönung
anbot, verschmähte sie Heinrich zwar nicht, nahm sie aber auch nicht ent-
gegen. „Es ist mir genug", sagte er, „daß ich, was meinen Vorfahren
nicht zuteil geworden ist, zum König gewählt worden bin und diesen