Full text: Das Mittelalter und die Neuzeit (Teil 2)

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traurigen Beleg für die barbarische Anschauungsweise und die rohen Sitten 
jener Zeit. 
„Wenn beide Zeugenparteien so miteinander im Widerspruche sind, daß durchaus 
keine der andern weichen will, so sollen zwei aus ihnen gewählt werden, d. i. aus jeder 
Partei einer, die mit Schild und Keule auf dem Kampfplatz streiten, welche Partei mit 
ihrem Zeugnisse der Falschheit, welche der Wahrheit folge. Und dem Kämpfer, der besiegt 
wird, soll wegen des Meineides, den er vor dem Kampfe begangen hat, die rechte Hand 
abgeschlagen werden." (Kapitular.) 
„Wenn die Litanei gesprochen ist, so soll der Priester an dem Orte, wo das Eisen 
glühend gemacht wird, die Beschwörung beginnen. Ist dieselbe vollendet, so werde das 
Eisen hervorgetragen, welches der Angeschuldigte in Gegenwart aller nehmen und eine 
Strecke von 9 Fuß tragen muß. Dann werde die Hand versiegelt, unter dem Siegel be- 
wahrt und nach 3 Nächten der Binde entledigt. Ist er unverletzt, so preise er Gott. Wird 
aber ein von dem Eisen herrührendes Brandmal gefunden, so soll er für schuldig gelten." 
„Wenn ein Freier, des Diebstahls angeschuldigt und zur Kesselprobe gefordert, die 
Hand verbrennt, so soll er den Diebstahl büßen." 
„Nach diesen Beschwörungen des Wassers müssen die Menschen, welche in das 
Wasser geworfen werden sollen, entkleidet werden, jeder küsse das Evangelium und das 
Kreuz Christi, und geweihtes Wasser werde über sie alle gesprengt, und dann sollen sie 
einzeln ins Wasser geworfen werden. Gehen sie unter, so halte man sie für unschuldig; 
schwimmen sie obenauf, so seien sie verurteilt, schuldig zu sein." 
„Betreffs der Räuber befehlen wir zu beobachten, daß der Räuber für das erstmalige 
Verbrechen nicht sterben soll, sondern ein Auge verlieren; wegen eines zweiten Verbrechens 
soll dem Räuber die Nase abgeschnitten werden; um des zum drittenmal begangenen 
Verbrechens willen soll er den Tod erleiden." (Kapitul.) 
5. Heer. Zum Heeresdienst waren immer noch alle Freien verpflichtet. 
Durch Karl den Großen wurde — zur Erleichterung für die Armen — die 
Heerpflicht an ausreichenden Besitz geknüpft. 
„Jeder freie Mann, der vier Manfen (Hufen) an Eigentum oder an Lehen hat, soll 
sich selber ausrüsten und zu Felde ziehen, sei es mit seinem Senior, falls dieser die Heer- 
fahrt mitmacht, im anderen Falle mit seinem Grafen. Wer drei Manfen Eigentum hat, 
dem soll zugesellt werden, wer ein Mansus hat, und soll ihm eine Unterstützung geben, 
daß er für beide ausziehe" ic. (Kapitul.) 
Der Graf durfte einzelne Freien zur Bewachung des heimatlichen Gaues 
zurücklassen; ebenso nun die Senioren. Der Senior führte die unter seinem 
Schutze stehenden Freien ins Feld. Kleriker waren nicht zum Heerdienst 
verpflichtet; aber Bischöfe und Äbte zogen häufig freiwillig mit zu Felde. — 
Als Schutzwaffe diente meist immer noch nur der Schild. Doch kamen all- 
mählich, aber nicht allgemein, Helme und Panzer auf, auch Beinschienen. 
Der Panzer (oder die „Brünne") war ursprünglich aus eisernen Ringen ge- 
flochten; später bestand er aus eisernen Schuppen. Die Angriffswaffe war 
♦ immer noch hauptsächlich der kurze Speer (früher Framea), jetzt mit Wider¬ 
haken versehen und Artgo genannt. Daneben wurden auch Streitaxt, Wurfkeule 
und Kurzschwert gebraucht; dann auch Lanze und Schwert, Bogen mit Pfeilen.
	        
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