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so sind sie vom Froste berührt und nicht zu gebrauchen. Man schneidet
sie, wenn der Saft zurückgetreten ist, vom November bis zum März
lnd bewahrt sie in einem kalten Keller in feuchtem Sande oder an
einem schattigen Orte im Garten in der Erde bis zu ihrem Ge⸗
brauche auf.
b) Vom Oktulieren. Auch diese Veredlungsart hat ihre be—
sonderen Vorzüge. Es erleidet dadurch das Grundstämmchen nur
eine sehr geringe Verletzung, und man kann diese Arbeit zu drei
verschiedenen Zeiten des Jahres anwenden. Das Okulieren besteht
darin, daß man ein Auge von einem veredelten Baume ausschneidet
und es einem Wildlinge aufsetzt. Dieses geschieht in folgender Weise.
Man schneidet das edle Auge aus. Mit einem Okuliermesser
oder einem gewöhnlichen Federmesser macht man ungefähr 7 mm
über dem edlen Auge einen Querschnitt in die Rinde bis aufs Holz;
aus den Enden dieses Schnittes, die ungefähr einen Strohhalm breit
auseinander sind, macht man zwei andere an dem Auge vorbei
herunter, so daß die Schnitte 1 bis 2 cm unter dem Auge in einer
Spitze wieder zusammenkommen. Das Auge mit der dieses um—
gebenden Rinde und dem Blatte zusammen nennt man Schild, der
Ähnlichkeit der Form wegen. Von dem Blatte schneidet man durch
einen Querschniti die Hälfte ab. Nun löst man die Rinde und das
Auge des Schildes mit dem Federmesser und dem Abschieber von
oben nach unten völlig vom Reise los, wodurch das innere Auge
an der Rinde sitzen bleibt. Ist dieses gut abgelöst, so zeigt es sich
un der inneren Seite des Schildes als markiger Punkt, der die
Augenhöhlung ganz ausfüllt.
Nun macht man in den Wildling an einer glatten Stelle, wo
man den Schild einschieben will, einen Querschnitt und von der
Mitte desselben abwärts einen zweiten Schnitt 21/, em lang, so
daß beide zusammen die Form eines lateinischen T (1) haben. Man
löst dann mit der Messerspitze ganz sanft die beiden Seiten der
Rinde los, ohne sie zu zerreißen.
Hierauf schiebt man das Schildchen in die Spalte hinein und
zwar so weit hinunter, daß der obere Rand des Schildes dem Rande
der inde am Querschnitte gleichsteht und an ihn sich anschließt,
drückt es ein wenig ein und legt den Verband um. Damit der Saft
nicht eintrockne, muß man die vorher beschriebene Arbeit rasch aus—
führen. Man bindet nun mit einem Faden das Auge an den Wild—
ling und legt hierauf den Verband an. nachdem man die wunde
Slelle vorher noch mit Baumwachs bestrichen hat.
Am zweckmäßigsten ist es, das Auge dem Wildling einen Fuß
oder eine Spanne hoch über der Erde einzusetzen. Die passendste
Zeit zum Okulieren ist der Worgen bei bededtem Himmel, besonders
nach einem Regen, weil die Rinde alsdann saftiger ist.
c) Das Pfropfen. Das Pfropfen ist eine sehr alte Veredlungs—
art und die gewaltsamste, weil der Wildling dadurch am meisten