Full text: Lesebuch für Mädchenfortbildungsschulen und ähnliche Anstalten

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Gesetzliches. 
stieben verehren. Es war ihre letzte Reise gewesen. Trübsal und Leiden 
brachen ihren alternden Körper, aber ihr innerer Frieden blieb ungetrübt und 
nahm in den letzten Kämpfen und Schmerzen nur zu. In der Nacht des 
13. Oktobers 1845 verhauchte sie den letzten Seufzer im Kreise ihrer Lieben 
zu Ramsgate. — Die ganze Bevölkerung bezeigte ihren Anteil an dem Ver¬ 
luste, den England und die Menschheit erlitten. Ein Laut der Klage durch¬ 
zog bei der Trauerkunde Britannien und Europa. Der Fischer an seinem 
Netze, der Seemann am Steuer, der einsame Wächter am Strande, der Ge¬ 
fangene im Kerker, das Kind auf seinem Spielplätze, der Arme in seiner 
Blöße, der Fürst auf dem Throne — alle hatten eine Freundin verloren, 
die sie mit reicher Liebe umfaßt, gesegnet und gelabt hatte. 
H. Merz, Cliristliclie Frauenbilder. 
III. Gesetzliches. 
157. Don -er Rechtspflege. 
1. Es wäre eine schöne Sache, wenn es unter den Menschen keine Streitig¬ 
keiten gäbe. wenn jeder sreiwillig dem Gesetz gehorchte, seinen Nächsten ihr Recht 
unverkümmert zugestünde, und wenn keiner durch Gewinnsucht oder durch Zorn oder 
eine andere Leidenschaft sich hinreißen ließe. Handlungen zu begehen, die mit einem 
geordneten Gemeinwesen unverträglich sind. Das ist nun aber, wie die Menschen 
einmal sind, nicht möglich; und es genügt deshalb nicht, daß der Staat festsetzt, 
was als Recht gelten soll, sondern er muß auch dafür sorgen, daß dieses Recht von 
allen anerkannt und seine Übertretung geahndet werde. Man muß indessen nicht 
glauben, daß von zwei Streitenden immer einer ein Bösewicht sein müsse. Meist 
sind beide von ihrem Recht überzeugt; und es ist zuweilen auch für einen Gelehrten 
schwer zu erkennen, wer eigentlich Recht hat. Außerdem gibt es freilich Ber¬ 
gehungen, bei denen es höchstens zweifelhaft sein kann, ob einer sie begangen, nicht 
aber. ob er damit im Recht war oder nicht. 
2. Jene Fälle, in denen es sich um streitige Rechtsansprüche einzelner Bürger, 
namentlich um das Eigentum handelt, fallen unter das bürgerliche Recht. Dahin 
gehören z. B. alle Erbschaftsangelegenheiten, alles was sich auf Kauf und Verkauf, 
auf Pacht und Mietverhältnisse, Darlehen und dergl. bezieht. Wenn zwei Per¬ 
sonen sich darüber nicht einigen können, so tritt der Staat mit seiner Hilfe ein; 
d. h. die angerufenen Gerichte entscheiden, und die Staatsgewalt zwingt jeden, dem 
richterlichen Spruche sich zu fügen. Anders ist es, wenn ein Verbrechen oder Ver¬ 
gehen begangen worden ist. Dann tritt der Staat selbst, vertreten durch einen 
Staatsanwalt, als Kläger auf, d. h. derjenige, welcher sich an den Gesetzen des 
Staates durch Diebstahl, Mord, Aufruhr und dergl. vergangen hat, wird, sobald 
seine Tat bekannt wird, auch wenn der Beschädigte oder dessen Angehörige keine 
Klage erheben, zur Rechenschaft gezogen und nach den Bestimmungen des Straf¬ 
rechts behandelt. Denn es kommt hier nicht bloß das Recht eines einzelnen in 
Frage, sondern die Sicherheit und das Ansehen des Staates selbst würden Not 
leiden, wenn solche Vergehungen ungeahndet und solche Mitglieder des Gemein¬ 
wesens unbestraft blieben. 
3. Zur Entscheidung in allen diesen Fällen, wo es sich um die Bestrafung 
eines Verbrechens handelt, werden in vielen Staaten außer den Rechtsgelehrten 
noch andere Bürger als Geschworene hinzugezogen. Diese haben nur auszusprechen, 
ob ihnen der Angeklagte des Verbrechens, dessen er beschuldigt ist, schuldig erscheint 
oder nicht. Die gelehrten Richter haben hierbei das Amt, durch Voruntersuchung 
und durch die Leitung der Gerichtsverhandlung die tatsächlichen Umstände des
	        
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