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Zweiter Teil. In Dorf und Heimat 
Das Aufblühen der Garnbleicherei im Wuppertale lag in einer be- 
sonderen örtlichen Gunst begründet. Da das Wasser der Wupper etwas 
kalkhaltig ist, war es zum Garnbleichen wohl geeignet. Dieses aber 
konnte aus den grünen wiesen, die den Fluß säumten, geschehen. Vas 
Gewerbe nahm einen bedeutenden Aufschwung, als den beiden Orten 
Elberfeld und Barmen das alleinige Recht des Bleichens und Zwirnens 
von Garn, sowie des Garnhandels verliehen wurde. Ls begann sich zunft¬ 
artig als Garnnahrung auszubilden. An der Spitze derselben stand der 
Garnmeister. Es lag nahe, daß als die Elberfelder und Barmener Garne 
immer mehr Weltruf erlangten, sich auch früh die Leinwandweberei ein¬ 
bürgerte. Aber nur eine Zeitlang blühten diese Gewerbe. Je stärker sich 
das Wuppertal besiedelte und je höher die Löhne stiegen, desto mehr 
schwanden frühere Vorteile. Mutig wandten sich da die wuppertäler 
anderen Fabrikationszweigen zu, zuerst dem Baumwollgewerbe, das aber 
zu schwer gegen den englischen Wettbewerb ankämpfen mußte, dann 
dem Seidengewerbe, das seine Bedeutung in der Mitte des vorigen Jahr¬ 
hunderts einbüßte, und zuletzt dem Wollgewerbe, das heute noch blüht. 
Andere Industriezweige hatten sich daneben entwickelt, so die Färberei, 
besonders die Türkischrotfärberei, die 1784 aufkam, die chemische In¬ 
dustrie, die Rnopfverfertigung, die Riemendreherei und andere. Die In¬ 
dustrie der beiden Städte ist längst nicht mehr gleichartig. In Elberfeld 
werden vorwiegend die Herstellung von wollenen Geweben der ver¬ 
schiedensten Art, die chemische Industrie und die Rattunfärberei, in Bar¬ 
men die Bandwirkerei, Riemendreherei und Rnopfverfertigung, deren 
Erzeugnisse als „Barmer Artikel" in den Handel kommen, betrieben. 
Rastlose Arbeit ist der Tagesruf, der uns im Wuppertale überall, 
aus den menschenbesetzten und von Maschinengeräusch erfüllten Fabri¬ 
ken, aus den Arbeitszimmern der Raufleute und aus der Menge der zur 
Arbeitsstätte hineilenden Arbeiter, entgegenhallt, wenn aber die wup¬ 
pertäler frei sich fühlen vom harten Druck der Arbeit, dann steigen sie 
empor zu den waldigen höhen, die das Tal eng umschließen, und auf 
denen sie, entrückt dem Dunstkreise und dem Rauchschleier der beiden 
großen Städte, frei atmen können in herrlicher Bergluft. Die Abhänge 
von einigen höhen sind mit schönen Anlagen geschmückt, auf allen aber 
leiten hübsche Promenadenwege den Wanderer zu den Aussichtspunkten 
hin. von Barmen aus erreichen wir auf der südlichen Bergwand den 
Tölleturm. wir überschauen das Wuppertal mit seinem endlosen Häu¬ 
serbild und blicken auch weit in das Lergische Land hinein. Im Südosten 
säumen die Linien des Ebbegebirges den Horizont, nach Norden reicht 
der Blick bis zum Vincketurm bei hohensyburg, und im Westen blitzt an 
einer Stelle der helle Spiegel des Rheines auf. Durch den Barmer Wald 
weiter wandernd nach Westen, gelangen wir zur Raifer-Friedrich-höhe, 
wo wir ziemlich in der Mitte über dem langgezogenen Häusermeer der 
beiden Städte stehen, wieder ein anderes Bild entfaltet sich uns auf den 
höhen, die im Westen von Elberfeld, nördlich und südlich, aufsteigen, 
wir blicken nach Osten in die Längsrichtung des ganz von Häusermassen 
angefüllten Wuppertales. Im Nebel der Ferne verschwinden die letzten
	        
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