A. Dorf und Flur 189
101. Heimatpflege und Naturdenkmalpflege.
Neben Familie, Schule, Nirche und Leben gibt es noch eine Er-
ziehungsmacht, ohne deren Einfluß ein Deutscher nicht zum Deutschen
würde: den heimatlichen Loden mit seiner Geschichte, seiner Lebe- und
Pflanzenwelt. Sn dem heimatlichen Loden liegen Kräfte verborgen,
„aus denen die wahre Liebe zum engeren Vaterland, die Freude an dem
väterlichen Erbe und Ehrfurcht vor den Taten unserer Väter ent¬
springen". ^ !
Wenn das hasten und Jagen nach leichtem Erwerb, wie es so oft
in den Großstädten geschieht,, den Menschen beherrscht, da schwindet
zuweilen die Ehrfurcht vor dem Althergebrachten und die Liebe zur
heimatlichen Scholle. Gott sei Dank, noch können derartige Auswüchse
dem gesunden und starken deutschen Volkstum nichts anhaben. Im Gegen¬
satz zu der sonst herrschenden Unsicht muß man hervorheben, daß ge¬
rade die ungeheure Entwicklung des Verkehrswesens in den letzten Jahr¬
zehnten die Liebe zu den Nächsten, zu unserer unmittelbaren Umgebung
entwickelt und gestärkt hat. Im Deutschen Reiche ist dies mannigfach
Zu spüren in der tatkräftigen Förderung der Heimat- und Naturdenk¬
malpflege. Ullüberall ist der hauch des heimatlichen stärker geworden
als je zuvor.
Sn dem Gefühl der Zugehörigkeit zu einem volksstamme liegt die
Vaterlandsliebe begründet. Sn der heimatpflege findet die Vaterlands¬
liebe eine schöne Letätigungsform. Die heimatpflege ist die Fürsorge für
alles, was unsere engere oder weitere Heimat, das Vaterland, an Schö¬
nem, Eigenartigem und Ehrwürdigem besitzt, mag es sich dabei um Men-
schenwerk oder um Gottes Schöpfung handeln, „was du ererbt von
deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen."
Die heimatpflege betätigt sich darin, die bürgerliche und bäuer¬
liche Lauart, die Trachten und Ultertümer zu erhalten und Sitte und
Gebräuche, schöne Märchpn, Sagen und Lieder zu bewahren.
Das beste Mittel, Natur und Heimat kennen zu lernen, ist die Wande¬
rung. Shr Ziel soll nicht sein, in kürzester Frist möglichst große Strecken
Zu durchmessen, sondern sich in die Umgebung einzufühlen und einzu¬
leben. was alles weiß nicht ein alter Steinkrug, eine alte Wanduhr,
ein alter Schrank, ein altes Haus, eine Dorfanlage, ein Ortsname,
eine Mundart und der Loden von seiner Einwirkung auf Leib und
5eele, Sitten «und Gewohnheiten der Heimat zu erzählen. Um diese
Sprache zu verstehen, muß man nur das Lestreben haben, an allem
etwas Gutes, Schönes und Eigenartiges zu suchen, und man wird fin¬
den, daß es sehr viel Leachtens- und Bemerkenswertes gibt, woran
man früher unachtsam vorübergegangen ist.
Raum wie ein ander Volk hat sich das deutsche über den Werktag
hinaus die Seele offen für die tausenden Schönheiten zwischen Himmel,
und Erde erhalten. Vas tiefe Naturempfinden beruht in der Tiefe des
deutschen Gemüts. Der Deutsche liebt die waldumrauschten Lerge und
verschwiegenen Täler, in denen noch immer das Märchen wohnt.