die Börsenhalle selbst! Der Eintritt ist uns ausnahmsweise van den
Ältesten der Kaufmannschaft und dem Börsenvorstand gestattet worden.
Zutritt haben sonst nur die Leute, die sich beim Börsenvorstand an¬
gemeldet haben, und die für den ständigen Besuch bezahlen.
wir gehen nach links in den Kleiderraum, und hier werden uns
von den Börsendienern Überzieher, Hut und Stock abgenommen. Diese
Börsendiener sind Fachleute und Gedächtniskünstler. Sic haben die
äußere Erscheinung aller 6000 Börsenbesucher derartig im Kopf, datz
sie auf den ersten Blick wissen, ob der Eintretende berechtigt ist, in
den großen Börsensaal zu gehen oder nicht, während wir uns der
Dberkleider entledigen, sagt uns der helfende Börsendiener: „Dis¬
konto l93,80, war auf 194, ging 'runter auf 193,60 und hat sich auf
80 erholt." Unter „Diskonto" versteht man die Unteile der Berliner
Diskonto-Kommandit-Gesellschaft, die eines der Hauptspielpapiere bil¬
den, und an dem Kurs, den der Diener dem Eintretenden schon beim
Ablegen des Überziehers mitteilt, weiß der Börsenmann, ob eine ruhige
oder eine lebhafte Börse stattfindet, heute ist eine ruhige Börse, was
allerdings der Laie, der oben von dem Zuschauergang kommt, und dem
beständig von dem geradezu ungeheuerlichen Schreien und Getöse die
Ohren gegellt haben, nicht recht glauben will, wir schlagen einen ge¬
waltigen Türvorhang zurück und im nächsten Augenblick sind wir im
dichtesten Börsentrubel. Vas Geschrei gellt wieder in unsere Ohren,
nur jetzt ganz anders als oben auf dem Gange. Das Summen und
Sausen des Tonwiderhalls fällt weg - dafür schreien uns aber die Leute
die Kurse geradezu in die Ohren, wenn wir uns einen Augenblick ruhig
hinstellen, werden wir sofort von einer Menschenwoge, die an uns
vorbeiflutet, gepackt, um uns selbst gewirbelt, und in einer Minute
stehen wir aufatmend im zweiten Börsensaal, wo auf Bänken, deren
Rücklehnen auf Metallplättchen Firmennamen tragen, würdige ältere
und jüngere Herren, die Leiter der großen Häuser, sitzen.
Ein bekannter Börsenzeitungsmann kommt uns in den Weg, und
dieser ruft uns zu: „heute nichts weiter los, sehr ruhige Börse, wenn
nicht noch aus Transvaal Nachrichten kommen, wird es wieder sehr
geschäftsstill." In einem der Räume, die der Presse für ihre Ar¬
beiten zur Verfügung stehen, und in denen es viel ruhiger ist als £>*.
draußen im Saale, lassen wir uns von unserem freundlichen Führer
noch rasch einige unumgänglich notwendige Erklärungen geben.
„5ie trauen sich heute nicht 'ran," sagt er, „weder die Kurs¬
treiber, noch die Kursdrücker. Die Kursausbeuter warten auch ab,
was werden soll, und nur kurz London ist gekauft worden, weil einen
Pfennig heruntergegangen. London meldet fest, auch Reuyork hat
von gestern abend gute Kurse."
Damit ist uns allerdings eine erschöpfende Schilderung der augen¬
blicklichen Lage an der Börse gegeben worden, wir verstehen nur
leider nicht, was uns gesagt wird, und wir bitten den Herrn von der
Börsenpresse, uns seine Fachausdrücke, die der unumgänglich not¬
wendige Wortschatz für die Börsenberichte der Zeitungen sind, in die