Full text: Deutsches Lesebuch für Handelsschulen

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Um sicher zu gehen, setzt man in neuerer Zeit dem Moste Rein- 
Züchtungen von vorzüglicher Weinhefe zu, womit namentlich bei Mosteir 
von unberühmten Lagen, die selbst bei besten Iahren nur geringe 
Sorten liefern, gute Erfolge erzielt werden. Durch die Ldelhefe 
gewinnt der wein Roste, d. h. er wird reiner im Geschmack und frei 
von den Untugenden, die ihm die Wildhefen anhängen. Nie aber ist 
es möglich, durch Ldelhefe aus geringem Most einen Edelwein zu 
erzielen: die Unechte bleiben Unechte, wenn auch anständig her¬ 
gerichtete, und die Uönige der weine, die von den allerbesten Lagen, 
bleiben, was sie sind, unnachahmbare Gaben der Natur. 
ñus niederträchtig sauren Landweinen ein erträgliches Getränk 
zu bereiten, war eine Uunft, die dem, der sie verstand, Reichtum 
einbrachte, denn der Bauer gab seinen Urätzer um ein billiges her- 
doch ward diese Uunft zuweilen so arg betrieben, daß die Gesetz¬ 
gebung sich gezwungen sah, den Weinkünstlern auf die Singer zu 
Klopfen. Das Zuckern des Mostes ist indessen nach wie vor ge¬ 
stattet, nur muß es wissenschaftlich geschehen, d. h. es darf dem 
Moste vor der Gärung nur so viel Zucker zugesetzt werden, um das 
nachzuholen, was die Natur selbst getan hätte, wenn das Wetter 
günstiger gewesen wäre. 
Es währt lange, bis der wein so weit vergoren ist, daß er auf 
die Slasche kommen kann. Darüber vergehen bei großen weinen 
Iahre. In der Regel erreicht roter Rheinwein in zwei bis drei Iahren, 
Weißwein in vier bis acht Iahren seine Slaschenreife. Zieht man 
ihn zu früh ab, so trübt er sich in der Slasche und verändert sich un¬ 
günstig. Darum muß der Uellermeister den wein pflegen, d. h. vom 
Bodensatz abziehen, schönen, auffüllen, wenn es notig wird, ver¬ 
schneiden, für richtige Uellerwärme sorgen, ihn behüten vor Essig- 
bakterien, vor Uahm und allerlei Sährlichkeiten. 
Ñuf der Slasche arbeitet der wein an seiner Vervollkommnung 
weiter, bis er den Höhepunkt seiner Tugenden erreicht hat. Und 
wer ihn dann trinkt, der preist ihn als Gottesgabe, gegeben, des 
Menschen herz zu erfreuen. Julius Slinde. 
37. Der Kaffee. 
Der Raffee spielt in dem gesellschaftlichen Leben von heute eine 
hervorragende Rolle, wir würden uns jetzt nicht mehr an die Morgen- 
suppen gewöhnen können, die vom Raffee verdrängt worden sind, und 
würden bei jeder geselligen Zusammenkunft den belebenden^Trank ver¬ 
missen, der zur Mitteilung und Unterhaltung anregt. Ñus dem Han¬ 
del und dem Weltverkehr müßten wir eine Hauptsache streichen, 
wenn wir uns in die Zeit vor der Einführung des Raffees versetzen 
wollen, dessen jährliche Erzeugung jetzt annähernd die ansehnliche 
Menge von acht Millionen Zentnern beträgt. Ia, es wird uns schwer 
zu begreifen, daß der Raffee nur mit Mühe sein Gebiet erobern konnte 
und nur langsam zu der unbestrittenen Herrschaft gelangte, deren er 
sich heutigentages erfreut. Selbst in Ñrabien, das seit alters als vor-
	        
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