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Auch diesen Wunsch schrieb der Vater sich auf. Nun
kam der Sommer. Manche Früchte waren von der Hitze
gereift. Da ging Ernst mit seinen Eltem und Gespielen
nach dem nächsten Dorfe. Hier setzten sie sich in eine Laube,
durch deren dichtes Laub die Sonnenstrahlen abgehalten
wurden. Wie herrlich schmeckte jetzt unserm Ernst die frische
Milch, obgleich sie in Gefäßen vor ihm stand, die nur aus
schlichtem Thon verfertigt waren. Später aß er Kirschen
und anderes Sommerobst und freute sich auf dem Heimwege
über die grünen Saaten und die blumigen Wiesen, auf
welchen junge Lämmer tanzten und mutwillige Füllen ihre'
Sprünge machten. „Nicht wahr," sagte der Vater, „auch
der Sommer ist schön?" „O," antwortete Ernst, „ich
wollte, daß es immer Sommer bliebe!" — Auch diesen
Wunsch merkte sich der Vater, um später den Sohn zu
belehren.
Die Tage wurden kürzer; das Laub vergilbte, und Ernst
erkannte an allen diesen Merkmalen den Herbst. Die ganze
Familie brachte einige Tage im Weinberge zu. Es war nicht
mehr so heiß wie im Sommer; aber die Luft war sanft und
der Himmel heiter. Die Weinstöcke waren mit reifen Trauben
behängen und die Zweige der Bäume von der Last der
reifen Früchte niedergebeugt. Das war ein Fest für unsern
Ernst, der nichts lieber aß als Obst. „Die schöne Zeit",
sagte sein Vater, „wird bald vorbei sein; der Winter ist schon
vor der Thüre, um den Herbst zu vertreiben." — „Ach,"
sagte Ernst, „ich wollte, daß er wegbliebe und daß es
immer Herbst wäre."
„Wolltest du das wirklich?" fragte sein Vater. „Wirk¬
lich!" war des Knaben Antwort. „Aber," fuhr der Vater
fort, indem er die Schreibtafel aus der Tasche zog, „sieh
einmal, was hier geschrieben steht! Lies doch! ,Ernst wünschte,
daß es immer Winter wäre.' Und nun lies hier: .Ernst
wollte, daß es immer Frühling sein möchte.' Was steht