führt; sie erhebt sich nicht viel mehr über 800 m, dafür ist jedoch der
Tunnel 29 km lang.
So dringen Fahrstraßen und Eisenbahnen von allen Seiten in die
einst so unwegsamen Täler der Alpen ein und damit hat dieses gewaltige
Gebirge aufgehört, eine trennende Scheidewand zwischen den Völkern zu sein.
Dieser Sieg über die Hemmnisse und Schrecken der Natur ist eine der
schönsten Leistungen des inenschlichen Geistes und Fleißes, auf den das
19. Jahrhundert mit Recht stolz sein kann. Freilich dürfen wir auch nicht
vergessen, daß gerade in den Alpen die Natur selbst dem Menschen das
beste Hilfsmittel zu ihrer Besiegung in die Hand gegeben hat: die Fülle
von großen, tief eindringenden Tälern. Es gibt kein Hochgebirge der Erde,
das auch nur annähernd einen solchen Reichtum an Tälern austveisen könnte
wie die Alpen, und namentlich waren es die von beiden Seiten tief in das
Gebirge einschneidenden Oucrtnler, die den menschlichen Siedelungen und
damit auch den Verkehrswegen Richtung unb Ziel bestimmten.
Dr. A. Höfer.
99. Die Entwicklung der Eisenbahn.
Schon vor dreihundert Iahren wurden in deutschen Bergwerken
zur Beförderung der Erze zwischen Gruben und Pochwerken Holzbahnen
benutzt. Deutsche Bergleute verpflanzten diese Einrichtung nach Eng¬
land, wo sie sich in den Kohlengruben rasch einbürgerte und mannig¬
fach verbessert wurde. So ersetzte man am Ende des achtzehnten
Jahrhunderts die holzschienen durch eiserne und gab ihnen nach
mehreren versuchen im großen und ganzen jene Form, die sie heute
aufweisen. Buch wagen mit besonders gebauten Rädern, die sich den
Schienen anpaßten, baute man. Den vorteil, den ein solch eiserner
Schienenweg mit seinen wagen gegen die gewöhnliche Straße bot —
ein Pferd zieht auf ebenem Wege 60 Zentner, auf Eisenbahnschienen
dagegen 240 — war so groß, daß die Einrichtung aus dem Bergwerks-
wesen in der Form der Pferdebahnen bald in den Dienst des öffent¬
lichen Verkehrs überging. In England entstanden in der Zeit bis
1825 allein 59 verschiedene Pferdebahnen, und auch auf dem Fest-
lande wurden diese nachgeahmt, besonders in Frankreich.
Inzwischen hatte man wohl längst daran gedacht, die Kraft der
Eiere durch den Dampf zu ersetzen - aber ein sonderbarer Irrtum hielt
immer wieder davon zurück oder führte zu den merkwürdigsten Bau¬
arten. Man glaubte nämlich, daß ein glattes Rad auf glatten Schienen
die Last nicht vorwärts bewegen könne, und brachte daher an Rädern
und Schienen Verzahnungen an. Erst Georg Stephenson war es vor¬
behalten, die Rufgabe zu lösen, nachdem es vor ihm an versuchen,
die dem Richtigen nahe kamen, nicht gefehlt hatte. Im Iahre 1814
baute er für das Kohlenbergwerk Killingworth den ersten Dampfwagen.
Roch vergingen aber ein Dutzend Iahre, ehe der Dampfbetrieb auch
dem Personenverkehr dienstbar gemacht wurde. Dies geschah mit dem
Kau der Bahn zwischen Stockton und Darlington, die am 25. Dk-