Geliert. Schwab. Mo sen.
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Dem Jüngling gleichen viele Christen.
Sie wagen auf der Bahn der Tugend einen Schritt
Und sehn darauf nach ihren Lüsten
Und nehmen ihre Lüste mit.
Beschwert mit diesen Hindernissen,
Weicht bald ihr träger Geist zurück,
Und auf ein sinnlich Glück beflissen,
Vergessen sie die Müh' um ein unendlich Glück.
108. Die stille Stadt.
Von Gustav Schwab. Gedichte.
1. Nenne mir die stille Stadt,
Die den ew'gen Frieden hat,
Deren düstere Gemächer
Sanft sich bauen grüne Dächer.
2. Über ihrer Häuser Zinne
Wandelt ernst der Fremdling hin,
Ziehet fort und hält nicht inne,
Grausen fasset ihm den Sinn.
3. Aber endlich tritt er wieder
Zitternd auf das morsche Dach,
Und die Wölbung sinket nieder,
Daß er stürzt in das Gemach.
Stuttgart und Tübingen, 1846.
4. Drunten in den Hallen traurig
Sieht er da die Bürger ruhn,
Alle liegen stumm und schaurig,
Mögen keinen Gruß ihm thun.
5. Die geschloßne Pforte kündet
Ihm sein ewig Bürgerrecht,
Und der arme Wandrer findet
Bald ein Bettlein recht und schlecht,
6. Ist des Prunkens müde worden,
Schickt sich in den stillen Orden,
Legt sich nieder in der Stadt,
Die den ew'gen Frieden hat.
II. Erzählungen, Aalladen, Komanzen.
1. Stosse aus dem allgemeinen Menschenleben.
109. Der Kamerad.
Von Julius Mosen. Sämtliche Werke. Oldenburg, 1863.
1. Mein Kamerad war ein Knabe, I 3. Im Erlenbusche, verborgen
Der schönste vom ganzen Reich, , Von Blättern und ständigem Gras,
Stark mit dem geschälten Stabe, Dem Wellengemurmel zu horchen,
Kein anderer kam ihm gleich. Ich stundenlang mit ihm saß.
2. Wir trieben auf grüne Matten
Des Vaters Herden zumal;
Dort grasten sie gern im Schatten
Am Vach im düsteren Thal.
4. Das war ein heimliches Wehen
Tief unten im silbernen Bach;
Wir glaubten das zu verstehen,
Was flüsternd er zu uns sprach.
5. Er war ein wackrer Knabe,
So stille, herzlich und gut!
Er ruhet im feuchten Grabe,
Verschlungen von dieser Flut.