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76. Kaiser Wilhelm J. in Essen.
Als Kaiser Wilhelm J. einmal die Kruppschen Werke in Essen be—
suchte, führte man ihn vor den mächtigen Dampfhammer „Fritz“. Man
erklärte ihm, wie vernichtend der Hammer niedersausen könnte. „Aber,“
sagte Krupp und deutete auf einen ergrauten Arbeiter, der neben dem
hammer stand, „der Arbeiter Ackermann hat eine so sichere Hand und
ein so scharfes Auge, daß er mit einer Bewegung am hebel den hammer
im Niederfallen aufhalten kann. Man darf getrost seine Hand auf den
Amboß legen; wenn der Eisenhammer von diesem Manne bedient wird,
dann hält er eine Linie über der Hand im Schlagen inne, ohne sie zu
berühren.“
Der Kaiser hatte aufmerksam zugehört und betrachtete dann den
Arbeiter, der ziemlich verlegen aussah. „Mit einer Menschenhand wollen
wir den Versuch dieses Kunststücks zwar nicht machen,“ meinte Kaiser
Wilhelm, „aber meine Uhr will ich dazu hergeben!“ Er zog seine mit
Edelsteinen besetzte Uhr aus der Tasche und legte sie auf den mächtigen
Amboß. Ackermann machte ein sehr bestürztes Gesicht, ging aber doch
an die Arbeit.
Die Dampfmaschine, die den hammer in Bewegung setzt, beginnt
zu brausen. Die Riemen knattern. Langsam erhebt sich der Kiesen—
hammer. Plötzlich saust er mit Blitzesschnelle in die Tiefe, und ebenso
schnell hält er an. Ackermann hat durch einen Hebel das Fallen des
hammers aufgehalten; eine Linie über der Uhr war er zum Stehen ge—
kommen. Sie lag unverletzt auf dem Amboß, und der Arbeiter reichte
sie dem Kaiser, im stillen glücklich und dankbar, daß ihm sein Kunststück
auch heute gelungen. Aber der kaiserliche Herr lächelte gütig. „Die
Uhr sollen Sie zum Andenken an diesen Augenblick behalten, Ackermann!“
sprach er. Überrascht, beinahe ungläubig sah der Arbeiter den Kaiser
an und streckte ihm, noch immer wortlos, die goldene Uhr entgegen,
als könnte er seinen Ohren nicht trauen. Krupp nahm ihm die Uhr
aus der hand und sprach einige freundliche Worte mit dem aufgeregten
Mann. Einige Minuten später, als er sich etwas beruhigt hatte, gab
ihm sein herr die Uhr zurück — in einen Tausendmarkschein gewickelt.
Deutscher Kinderfreund.
77. Des Kaisers Einzug.
Wir sind in der Friedrichstraße in Berlin.
Sie bietet heute ein ganz anderes Bild als gewöhnlich. Gewöhnlich
rollen wie Kettenglieder rechts und links im Trab Droschken und
Omnibusse und Equipagen und leichte Lastgeschirre auf dem Fahrdamme