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98. Die kleine Tanne.
vor mir steht ein Tannenbaum,
ist so klein, man sieht ihn kaum,'
lange noch nicht eine Spanne
mißt sie, diese kleine Tanne.
Kber fest steht eines, wißt es:
Tine echte Tanne ist es,
eine Tanne, wie der Wald
zählt so viele, jung und alt.
Tinen Zapfen aus dem Walde
trug ich heim von Bergeshalde,'
als ich ihn gebracht ins Haus,
sprang aus ihm ein Korn heraus.
Dieses Korn, so zart und klein,
pflanzt' ich in den Boden ein.
Ñus dem Korn nach wenig Wochen
ist ein Keim hervorgebrochen,
angelockt vom Sonnenstrahle.
Ñnfangs trug des Kornes Schale
auf dem Haupt er wie ein Mätzchen
über sieben grünen Spitzchen,'
dann — es wsr im Monat Mai —
ward es^von' der hülle frei.
Seit der Zeit ein kleiner Stamm
steht er da^gar wundersam,
kleiner Müh' zu reichem Lohne:
Sieben Nadeln sind die Krone,
sieben Nadeln, fein und zart —
welch ein Baum besondrer ñrt!
Seh' ich mir das Tännlein an,
denk' ich, was draus werden kann:
ein gewalt'ger Tannenbaum,
wachsend in den Himmelsraum,
weithin fein Gezweige breitend,
manchem Vogel Schutz bereitend,
der auf ihn sich niederläßt
und im Grünen baut sein Nest.
Rber nein, nicht also weit
schau' ich aus in ferne Zeit!
Wenn ich nur mit treuer Pflege,
mir ein Weihnachtsbäumchen zöge,
das da, niedlich anzusehn,
kann aus einem Tische stehn.
Rch, auch das — wohl säh' ich's
gerne —
liegt noch in so weiter Ferne.
Mir und auch dem Baum so viel
droht noch, bis erreicht dies Ziel.
Besser ist's, ich wünsch' nur eines:
daß wir zwei, ich und mein kleines
Tännlein, frisch und fröhlich sind,
wenn aufs neu weht Frühlings¬
wind,
wenn die Bäche wieder springen,
überm Felde Lerchen singen,
wenn die Schlüsselblumen blühn
und der Wald sich schmückt mit
Grün.
Bis dahin — froh sei's bekannt —
stehn wir zwei in guter Hand.
Johannes Trojan.
99. Meine Pfleglinge.
RIs ich heut' über die Wiesen ging,
sah ich mit einmal ein seltsam Ving.
Kleine Gesellchen
mit langen Löffeln und braunen Fellchen
trottelten dort so behaglich umher,
als ob auch rein gar nichts zu fürchten wär'.