Full text: Lese- und Lehrbuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und andere gewerbliche Lehranstalten

In Freud und Leid — des Herrn allzeit. 
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nicht mehr die einzelne Person, sondern eine geschlossene Anzahl ge— 
meinsam für das Darlehn und bietet genügende Sicherheit. 
2. Die Genossenschaft vermittelt dem Handwerker nicht bloß Kapital 
und Kredit; sie erhöht auch seine geschäftliche Tüchtigkeit. Heutzutage 
muß der Handwerker neben seinen fachlichen auch kaufmännische Kennt— 
nisse besitzen. Durch das unglückliche Borgsystem, welches leider gerade im 
Handwerke viel verbreitet ist, bleibt mancher Handwerker über seine wirklichen 
Verhältnisse dauernd im Unklaren. Wenn er sich einer Kreditgenossenschaft 
anschließt und dadurch instand gesetzt wird, bar zu zahlen, so gewinnt 
er bald eine bessere Übersicht über die Geschäftslage. Seine Verhältnisse 
werden mehr geordnet. Die Genossenschaft duldet keine Unpünktlichkeiten. 
Sie verlangt Ordnung im Geschäftsbetrieb, und ihre Mitglieder werden 
dadurch zur Ordnung erzogen. Die Genossenschaft ist eine Schule 
für das gesfamte bffentliche und private Leben. Das Milglied 
einer Genossenschaft lernt einsehen, daß nicht der Nachteil des Genossen 
für ihn einen Vorteil bedeutet Die Genossenschaft erweckt und pflegt 
das Bewußtsein der Gemeinsamkeit (Solidarität) der Interessen. Das 
Gefühl der Solidarität ist geeignet, Klassengegensätze zu über— 
brücken und eine Aussöhnung von Kapital und Arbeit herbei— 
zuführen. Der sittliche Einfluß der Genossenschaft wirkt um so nach— 
haltiger, da die Vereinigung nicht zur persönlichen Bereicherung, 
sondern zur gegenseitigen Förderung des Erwerbslebens ihrer Mi— 
glieder dienen soll. 
Der große Engländer J. S. Mill sagt: „Die Genossenschaften 
sind infolge ihrer Art, die Geschäfte zu betreiben, eine Schule 
zur Erziehung der materiellen und moralischen Eigenschaften 
des Menschen, der sich nur diejenigen fernhalten, welche zu 
wenig Verstand oder zu wenig Tugend besitzen, um für ein 
Handeln Verständnis zu haben, das außerhalb ihres Systems 
des krassesten Eigennutzes liegt.“ 
3. In unserer materiellen Zeit ist es etwas Erhebendes, wenn wir 
sehen, daß Handwerker, welche sonst Konkurrenten waren, sich zusammen⸗ 
finden, um unter Zurückftellung kleinlicher Rüͤcksichten mileinander und 
füreinander zu schaffen und zu wirken. Schöne Worte belehren nur; 
aber gemeinsame Arbeit bringt die Menschen einander näher 
und versöhnt, was, durch die Verhältnisse getrieben, sich feind— 
lich gegenüberstand. 
So bringt die Genossenschaft Gerechtigkeit, Billigkeit und Ordnung 
in den Handel und das Gewerbe ihrer Mitglieder. 
II. Handwerkergenossenschaften. 
1. Die wichtigste Genossenschaft für den Handwerker ist die Kredit— 
genossenschaft. Die Kreditgenossenschaft soll dem Haudwerker einen 
höheren und billigeren Kredit verschaffen, als der ist, welcher ihm bieher 
geboten wurde. Höheren Kredit braucht der Handwerker, um in seinen ge— 
schäftlichen Maßnahmen freier zu werden. Die birschaftüche Unabhangigteit 
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