Full text: Lese- und Lehrbuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und andere gewerbliche Lehranstalten

194 III. Die sittlichen, wirtschaftlichen u. kulturellen Grundlagen d. Gewerbes. 
Maurer, Zimmerer, Tischler, Schmiede, Schlosser, Maschinenbauer, Stell— 
macher, Wagner u. a, soweit sie nicht zugleich ihren Formen dekorativen 
Schmuck geben. Gewöhnlich fertigt man zuerst oder ausschließlich aus 
wenigen Strichen eine Skizze, nach dieser dann die eigentliche Zeichnung, 
welche man der Klarheit halber meist farbig behandelt, indem man jedem 
dargestellten Material eine auf Übereinkommen beruhende Färbung gibt. 
Man stellt die Gegenstände, soweit es die Deutlichkeit fordert, im Auf— 
riß und Grundriß dar und fügt zuweilen noch den Kreuzriß, ver— 
schiedene Schnitte, Detailzeichnungen und perspektivische An— 
sichten in Parallel- oder in Zentralprojektion hinzu. Die Zeichnung 
wird immer in einem ganz bestimmten, durch Linien oder Ziffern auf dem 
Blatt angegebenen Maßstabe angefertigt. Sie dient dem Werkmeister oder 
dem Monteur als Anleitung und wird wohl mittels des Lichtpause— 
verfahrens vervielfältigt, um mehreren in die Hand gegeben und in 
einigen Exemplaren aufbewahrt werden zu können. Nach dieser Zeichnung, 
die auch meist erst dem Besteller vorgelegt oder von einem technischen 
Leiter geprüft wird, fertigt man endlich in natürlicher Größe die Werk— 
zeichnungen, welche dem ausführenden Arbeiter in die Hand gegeben 
werden und die Einzelbestandteile so darstellen, wie er sie zu machen hat. 
Eingeschriebene Maße, erklärende Hinweise vervollständigen sie. Für 
plastische Gebilde werden außerdem Modelle angefertigt. Der Bildhauer 
legt solche zuweilen ohne Zeichnung gleich in Ton an. Für Erzeugnisse 
der Mechanik und Maschinenindustrie fertigt man sie nach der Zeichnung 
und bedient sich dazu eines widerstandsfähigeren Materials (Holz, Metall). 
Diese Modelle dienen dem Former und dem Gießer bei der Herstellung 
der Maschinenteile. Der Architekt läßt für monumentale Bauten hin und 
wieder ebenfalls kleine Modelle anfertigen, um die Gesamtwirkung der 
Gebäude zur Anschauung zu bringen; seltener ist es, daß der Ingenieur 
von Gerüsten, Brücken, Maschinen und anderen Konstruktionen verkleinerte 
Darstellungen anfertigt. Hierher gehören im gewissen Sinne auch die 
Lehrgerüste des Baumeisters, die Leisten des Schuhmachers, die Modell— 
puppen der Schneiderin, die Perückenstöcke des Friseurs und die 
Schablonen, welche Klempner, Glaser, Schlosser, Maler u. a. nach der 
Zeichnung anfertigen, sowie die Muster des Schuhmachers und des 
Schneiders. 
5. Es gibt wohl keinen wirklich schöpferisch tätigen Beruf, der völlig 
der Kunst der Darstellung durch Zeichnung oder Modell entraten könnte. 
Sie dient allen Gewerken als wichtiger Förderer der Arbeit, als Ver— 
ständigungsmittel mit dem Auftraggeber und den Mitarbeitern, als Mittel 
zur Ausgestaltung und Abklärung der eigenen Ideen. Kein Handwerker 
follte deshalb eine Gelegenheit vorübergehen lassen, Zeichnen, Malen oder 
Modellieren zu lernen. Er wird erfahren, daß er nicht nur eine wichtige 
Verkehrssprache erlernt, sondern auch an Einsicht, Denkvermögen und 
Geschmack zunimmt und außerdem Auge und Hand geschickt macht — 
alles Dinge, ohne die ein Handwerker und Techniker nicht bestehen kann. 
Fr. Stillcke.
	        
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