220 II. Die sittlichen, wirtschaftlichen u. kulturellen Grundlagen d. Gewerbes.
Anordnung dekorativen Schmuckes. Alle hervorragenden deutschen Künstler
der damaligen Zeit haben Entwürfe dazu geliefert. Das Blattwerk,
seltener der einheimischen Flora entnommen, ist meist kräftig geschwellt
Meister Aldegrever- und Holbein-Art); die Blattranken laufen häufig
in derbe Voluten aus. Kinderfiguren, Tiere, vorzüglich Vögel und
Delphine, Fratzenköpfe u. s. w. beleben das Ornament. UÜberall herrscht
Leben, Freiheit und Naturbeobachtung. Außer dem Relief-Ornament
kam häufig auch ein Flach-Ornament vor, das wie mit der Laubsäge
ausgeschnitten und mit Nagelköpfen befestigt erschien. Sind die Ränder
aufgerollt, so haben wir das in der deutschen und englischen Hoch—
renaissance vorherrschende Rollwerk vor uns (Art des Hans Mielich
und Amman).
H. S. Schmid, ‚Kunst-Stil⸗Unterscheidung“.
144. Das Handwerk und die Jachpresse.
1. Jeder einsichtsvolle Mann erkennt an, daß die Presse eine der
größten Gewalten ist. Dieses gilt auch von der Fachpresse. Für den
Maschinenfabrikanten, den Ingenieur, den Techniker, den Architekten,
den Maler, den Bildhauer, den Elektrotechniker usw. ist die Fach—
presse vollständig unentbehrlich. Bei ihnen ist es ganz selbstverständlich,
daß man die Fachzeitungen liest und, wenn möglich, auch daran
arbeitet. Jeder Kaufmann studiert täglich die Tages- und einschlägigen
Fachzeitungen, um die wechselnden Verhältnisse zu beherrschen. Ja,
selbst der Arbeiter hat erkannt, daß es seine Pflicht ist, eine Zeitung
zu lesen, weil sie das geistige Band bildet, welches die Glieder seines
Standes umschlingt.
2. Wie steht es nun in diesem Punkte mit den Handwerksmeistern?
Es lesen verhältnismäßig sehr wenige Handwerksmeister ein Fachblatt;
solche, die es aber durch Mitarbeiterschaft unterstützen, sind noch seltener
Und gerade für den Handwerkerstand ist die Fachzeitung von höchster
Bedeutung und am wenigsten entbehrlich. Durch die modernen Verkehrs—
mittel, welche eine immer größere Vervollkommnung erfahren, und duürch
die geradezu musterhaften Einrichtungen der Post für den Drucksachen—
versand sind sich alle Staaten nahe gerückt. Die geringste wirtschaftliche
Wandlung in dem entlegensten Lande ist in der ganzen Welt bemerkbar
Ein einziger technischer Gedanke hat schon oft mit einem Schlage
das Bestehende über den Haufen geworfen. Unternehmungen, welche
jahrzehntelang sich als lohnend erwiesen haben, zerfallen in ein Nichts,
sobald sie die Fortschritte auf ihrem Gebiet außer acht lassen. Nur
durch die Fachpresse können Gegensätze ausgeglichen werden, und es
rächt sich bitter für jeden Handwerker und Gewerbetreibenden, ihr keine
Beachtung zu schenken.
3. Vielfach erhofft nun freilich der Handwerker, daß jede Nummer
der Fachzeitung ihm etwas bringen muß, was für ihn ohne weiteres
Zutun klingende Münze bedeutet. Diese Erwartungen gehen zu weit.
Sammle ein jeder gewissenhaft die Nummern seiner Fachzeitung,
studiere sie eifrig durch und sage am Jahresschluß, ob sie ihm nicht