Full text: Lese- und Lehrbuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und andere gewerbliche Lehranstalten

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IV. Die Rohstoffe des Gewerbes und ihre Verarbeitung. 
macht die erzeugte Säure es sauer. Ist die Gärung dagegen nur teil— 
weise oder mangelhaft erfolgt, so behält das Gebäck dichte Stellen; es 
ist „schliffig“ und schwerverdaulich. — Beim Backen von Graubrot 
setzzt man dem mit warmem Wasser angerührten Teige keine Hefen, 
sondern sauer gewordenen alten Teig zu, der ebenso wie Hefe wirkt. 
Das Graubrot erhält dabei einen um so säuerlicheren Geschmack, je 
länger der Sauerteig in Gärung gewesen ist, je mehr Milchsäure 
sich darin bilden konnte. Soll das Brot wenig sauer sein, so ver— 
wendet man daher frisch gärenden Sauerteig; will man stark gesäuertes 
Brot erzielen, so läßt man den Sauerteig wohl acht Tage liegen, ehe 
man ihn dem Teige zusetzt. — Um leichtes Backwerk locker zu machen, 
bedient man sich wohl auch des Hirschhornsalzes oder kohlensauren 
Ammoniums, neuerdings auch besonders zusammengesetzter „Backpulver“, 
die eine ähnliche Wirkung haben. 
3. Hefe und Sauerteig werden meist zunächst in Wasser von 
30359 0 verteilt. Diesem wird dann vorsichtig das Mehl zugesetzt, 
wobei der Bäcker achtgeben muß, daß keine Klümpchen entstehen. 
Allmählich wird der Teig immer fester, bis er endlich naͤch Aufnahme 
des letzten Mehles unter stetigem Kneten die gewünschte Festigkeit er— 
halten hat. Dabei quellen Kleber und Pflanzeneiweiß zu einer schleimigen 
Masse auf, die dem Teige seinen Zusammenhang gibt. Die Stärke— 
mehlkörner saugen Wasser auf und quellen; die Wirkung des Ferments 
GHefe oder Sauerteig) beginnt, und vorhandener oder erzeugter Zucker 
geht in Alkohol und Kohlensäure über. Wieviel Wasser das Mehl 
aufnimmt, das hängt von dem Klebergehalt ab; im allgemeinen rechnet 
man auf vier Teile Mehl drei Teile Wasser. Nimmt man zu wenig, 
so wird es trocken und brüchig. Das Kneten geschieht im Kleinbetriebe 
mit Armen und Fäusten; in größeren Fabriken bedient man sich der 
Knetmaschinen, auch das Zerteilen des Teiges wird vielfach von 
Maschinen, sogenannten Teigteilmaschinen, besorgt. Nun werden die 
Stücke geformt und in einen erwärmten Raum gebracht, wo die Gärung 
weiter fortschreitet. Da beim Backen nachher viel Wasser verdunsten, 
das Gebäck aber ein bestimmtes Gewicht haben soll, so muß dem Teig 
stück ein ausreichendes Übergewicht gegeben werden, das verhältnis— 
mäßig um so größer sein muß, je kleiner das Gebäck und je weicher 
der Teig ist. Zu einer Semmel von 50 g nimmt man eiwa 648 
Teig, also ein Übergewicht von 28 v. H, bei größerem Roggenbrote 
rechnet man ein Übergewicht von nur 11--15 v. H. 
4. Mittels hölzerner Schieber oder auf besonderen Blechen, bei 
größeren Backofenanlagen auch auf ausziehbaren Platten gelangt der 
Teig in den Ofen. Noch ist das Stärkemehl unzersetzt gebleben. In 
der Hitze aber verlieren die geguollenen Stärkekörner ihr pflanzliches 
Gefüge; das Wasser wird gebunden; die Gärung hört auf; der kleberige, 
schmierige Teig geht allmählich in die Form der gleichartigen Broͤt— 
masse über. Das Stärkemehl der Oberfläche wird geröstet und wandelt 
sich in einen neuen Körper um, in Dextrin von glänzend gelbbrauner 
Farbe. Der Grad des Bräunens zeigt im allgemeinen die Beendigung
	        
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