Full text: Lese- und Lehrbuch für gewerbliche Fortbildungsschulen und andere gewerbliche Lehranstalten

298 
271 
IV. Die Rohstoffe des Gewerbes und ihre Verarbeitung 
findet sich eigentlich überall in der Natur, sogar in unserm Körper, 
der bei 75 kg Gewicht 0,5 kg Kochsalz aufweist. Man gewinnt das 
Kochsalz aus dem Meerwasser, in Salzsteppen, Steinsalzlagern und 
aus Salzsolen. — Eine unermeßliche Menge Salz enthält das Meer. 
Man bedenke nur, daß der vierzigste Teil der gewaltigen Wogen, die 
bergehoch den Erdball umfluten, reines Kochsalz ist, das im ausgelösten 
Zustande diese Wassermassen vor Fäulnis schützt, die Tragfähigkeit des 
Meerwassers zum Nutzen unserer Seeschiffahrt erhöht und Meerglieder 
kälterer Zonen vor dem Zufrieren schützt. Manche Landseen sind noch 
salzhaltiger, z. B. das Tote Meer in Palästina und der Salzsee in 
Nordamerika. Man gewinnt Salz aus dem Meere, indem man 
Seewasser in flache Gruben fließen und verdunsten läßt und dies so 
oft wiederholt, bis sich am Grunde eine abnehmbare Schicht Salz ge— 
bildet hat. Dieses Salz ist allerdings kein reines Kochsalz, da es auch 
andere Salze als Beimischung enthält. Ähnlich ist das Salz der 
Salzsteppen und Salzwüsten entstanden. Sie wären einst Meerbecken, 
die später austrockneten, aber ihr Salz nicht verloren. In dicken 
Schichten bedeckt es den Boden und kann wie Sand zusammengekehrt 
werden. Häufig kommt das Salz aufgelöst im Quellwasser vor. Man 
nennt solche Lösungen Solen. Sie sind gewöhnlich nicht gesättigt. 
Darum läßt man sie auf den Gradierhäusern der Salzwerke (Salinen) 
an der Luft verdunsten, indem man sie durch hohe Dornenwälle nieder— 
rieseln läßt. Dann wird die stärker gewordene Sole über Feuer ein— 
gedampft, wobei sich das Kochsalz an der Oberfläche in unvollkommenen 
Kristallen ausscheidet. Die Erde, auch unser deutsches Vaterland, ist 
reich an Salzquellen. Die große Zahl von Orten, deren Namen mit 
„Salz“ beginnt oder auf „hall“ endet, weist ihre Häufigkeit und den 
hohen Wert nach, den unsere Altvordern dem Salze beimaßen. Mancher 
blutige Kampf ist um den Besitz der wertvollen Quellen geführt 
worden, obschon die alten Deutschen das Salz nur unvollkommen durch 
Ausgießen der Sole auf glühende Holzkohlen zu gewinnen verstanden. 
Wie hoch sie es schätzten, beweisen auch die vielen Sprichwörter und 
sprichwörtlichen Redensarten, die Volksgebräuche und der Aberglaube, 
die an den Gebrauch des Salzes sich anlehnen. — Die größten Salz— 
massen findet man in den Steinsalzlagern beisammen. Da liegen 
sie, in Ton, Mergel, Sandstein und anderen Mineralien eingebettet, 
bald rein, bald durch andere Stoffe gefärbt, oft in meterdicken Schichten. 
Das größte Salzbergwerk in Wieliczka in Galizien wird in acht über— 
einanderliegenden Stockwerken bebaut und ist 4000 m lang und 2100 m 
breit. Eine unendliche Zahl von Schächten, Gängen und Kammern 
findet man darin. Hier ist die Decke durch hölzerne, mit Salz— 
kristallen bedeckte Pfosten, dort durch stehen gebliebene Säulen aus 
Steinsalz gestützt. In den größten Räumen findet man Teiche, die 
man mit kleinen Schiffen befahren kann. Obschon viele Kammern mit 
taubem Gestein und mit schmutzigem Salze wieder zugeschüttet wurden, 
gibt es allein siebzig zum Teil sehr ausgedehnte Räume, die man als 
Magazine benutzt hat. Mehrere davon sind mit Säulen, Altären,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.